Das Team von Wechselwild sucht Nachfolger
2017 hat für das Hamburger Startup-Ökosystem nicht optimal begonnen. Protonet und Jaano kündigten das Ende ihrer Unternehmensaktivitäten an, das Ende von HEUTE IN HAMBURG konnte gerade noch verhindert werden. Nun verabschiedet sich auch das Team von Wechselwild aus der Community. Die Hintergründe dazu gibt es bei uns im Interview.
‘Wir haben mit unserer Plattform mit über 6.000 Designs aus der Community und unseren Produkten tausende Kunden begeistert und über 600.000 Euro* umgesetzt. Wir haben eine schnieke neue Website, unsere Fanpage aufbereitet und den Instagram-Channel saniert. Wir haben unzählige Menschen kennengelernt und von vielen Unterstützung erhalten, oft ohne jeglichen Gegenwert. Wir haben einige wilde Parties gefeiert und unglaublich viel gelernt.’ schreibt einer der Gründer Sebastian.
Sie sehen für sich keinen persönlichen Nutzen mehr, um das seit über sechs Jahren Aufgebaute weiter zu einem möglichen Erfolg zu führen. Die Begründung: Der eigene Fokus liegt mittlerweile woanders. Sie suchen eine Nachfolge, die die Plattform weiter führen. Wir haben mit Sebastian Schäder darüber gesprochen.
Sebastian, was bringt Euch dazu aufzuhören?
Wir hatten in mehreren Anläufen die IT nicht in den Griff bekommen. Da ein Teil unseres Konzeptes auf Designs aus der Crowd aufbaut, konnten wir nicht mit einer gängigen (und günstigen) eCommerce-Lösung wie Woocomerce oder Shopify arbeiten.
Nachdem wir uns erst auf die falschen Entwickler eingelassen haben, die uns mit einem halbfertigen System haben sitzen lassen, hat AKRA Ende letzten Jahres endlich ein performantes System an den Start gebracht.
Das ganze hatte sich aber über einige Jahre hinweg gezogen, in denen insbesondere ich dazu gezwungen war, anderweitig Geld zu verdienen. Mittlerweile habe ich mit Studio Ferdinand ein Designstudio aufgebaut, in dem ich meine Stärke und meine Leidenschaft voll einbringen kann: Konzeption, UX/UI und Design.
Bei Wechselwild hingegen braucht es jemanden mit anderen Kompetenzen aus dem Sales-, Marketing-, oder Businessdevelopment-Bereich.
Ihr habt mit Wechselwild eine beeindruckende Community aufgebaut, Eure Gürtel sind mittlerweile Kult, warum hat es nicht zum finanziellen Erfolg gereicht?
Wir waren teilweise einfach handlungsunfähig. Z.B. konnten wir auf Grund der oben genannten Schwierigkeiten onsite nichts optimieren um z.B. performante Kampagnen zu konzipieren usw. Viele Standard-Maßnahmen, die im eCommerce üblich sind waren uns nicht oder nur mit übertriebenem Aufwand machbar. Das ganze hat zudem so viel Zeit gekostet, dass es schwierig war andere Vertriebskanäle zu erschließen oder weiter auszubauen.

Zwei der drei Gründer von wechselwild: Edin Zekanovic (l.) und Sebastian Schäder
Was sind Eure größten Fehler auf dem Weg gewesen?
Wir hätten mit einer schlankeren Software relaunchen und einige Features killen müssen. Dann wären wir vermutlich früher eine Lösung online gewesen, mit der wir anständig hätten arbeiten können.
Ihr habt gemeinsam mit AKRA die Software für Shop und Cocreation-Plattform komplett auf neue Füße gestellt, warum war das nötig?
Mit der vorherigen Software war es uns nicht mal möglich weitere Produkte einzupflegen. Wir haben z.B. schon 2015 die neuen Beanies auf Messen und bei Dawanda verkauft, konnten sie aber im eigenen Shop nicht anbieten. Darüber hinaus war die Seite auch nicht mehr zeitgemäß, nicht Responsive, nicht Retina-Optimiert und nicht komfortabel zu bedienen. Auf der Basis hat es keinen Sinn gemacht irgendwelche Maßnahmen hinsichtlich Conversionoptimierung usw. anzugehen.
Was ratet Ihr anderen Gründern, die in einer ähnlichen Situation sind?
Konzentriert euch auf das Wesentliche 😉 Definiert einen klaren MVP und startet nur damit was wirklich notwendig ist, damit die Idee funktioniert bzw. angenommen werden kann.
Du schreibst in dem Abschiedsbeitrag, dass Wechselwild zu schön ist, um es aufzugeben. Was habt Ihr denn konkret damit vor?
Wir führen gerade erste Gespräche mit strategischen Partnern, die Wechselwild übernehmen bzw. fortführen. Wenn jemand Reichweite oder Vertriebskanäle hat, in die er unsere Produkte einfach integrieren kann, ist das eine gute Gelegenheit das eigene Sortiment aus dem Mass Customizing-Einheitsbrei hervorzuheben. Denn eines ist sicher: Die Produkte haben immer begeistert.
Wie sollte der und diejenige gestrickt sein, um Wechselwild zu übernehmen?
Wir haben gute Produkte die vom Markt angenommen sind, eine gute Marge, eine Marke die Bekanntheit erlangt hat und endlich eine Software, auf der man aufbauen kann. Was wir nicht haben, bzw. was uns immer gefehlt war Kapital und Marketing- und Vertriebs-Knowhow/Ressourcen.
Wie oben schon angesprochen ist das im besten Fall jemand, der bestehende Strukturen, Vertriebskanäle oder Reichweite nutzen kann um unsere Produkte zu verkaufen.

Der zum Kult gewordene Gürtel von Wechselwild.
Was sind Eure Bedingungen dafür?
Es sind sehr viele Konstellationen denkbar. Z.B. kann Edin das Geschäft weiterhin Administrativ betreuen und wir übernehmen mit dem Studio weiter die visuellen bzw. konzeptionellen Aufgaben. Das ist sehr individuell abhängig von den Möglichkeiten und Anforderungen des Partners – deswegen würden wir das jeweils auch individuell aushandeln.
Welche Vorteile hätte Eure Nachfolge von Eurer bisherigen Arbeit?
Es sind viele Hürden genommen und der Proof, dass die Produkte konvertieren, ist erbracht. Wir haben ganz viel Knowhow, eine eingetragene Marke und ein starkes visuelles Auftreten. Wir haben über 9.000 registrierte User, über 6.500 öffentliche Designs aus der Community, über 6.000 Follower in unseren Social Media Kanälen und einen Mailchimp-Verteiler mit über 6.000 Abonnenten.
Wir haben endlich ein funktionierendes System in das mehrere Tausend Entwicklungsstunden geflossen sind und eine eigene Produktionsstraße für individuelle Designs ab einer Stückzahl von eins.
Das alles muss sich der Nachfolger nicht selbst erarbeiten 😉
Danke für das Gespräch!
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