Das steckt hinter dem Förderprogramm Stealth Mode
Stealth Mode – das klingt nach Geheimnissen, nach etwas, das unentdeckt bleiben soll. Genau das Gegenteil ist aber die Absicht des gleichnamigen Programms der Factory Berlin, das jetzt auch in Hamburg gestartet ist. Stealth Mode möchte nämlich Gründerinnen ins verdiente Rampenlicht rücken. Da machen wir gerne mit und stellen die drei Teilnehmerinnen aus der Hansestadt vor.
Ja, die Factory Berlin ist auch ein Ort. Vor allem aber ist sie eine aus Berlin stammende und innovationsfördernde, internationale Plattform für Solopreneurs, Startups und Großunternehmen. Ein Netzwerk, ein Ökosystem mit über 4.500 Mitgliedern aus den verschiedensten Bereichen, von der Wirtschaft über die Wissenschaft bis hin zur Kunst. Menschen aus über 70 Nationen kommen hier zusammen und seit Mai 2021 gibt es mit der Factory Hammerbrooklyn auch eine physische Dependance in Hamburg. Grund genug, das von der Factory Berlin initiierte Förderprogramm Stealth Mode in seiner vierten Ausgabe auch in der Hansestadt näher vorzustellen.
Bei Stealth Mode 4.0 liegt der Fokus auf Berlin und Hamburg
Stealth Mode ist ein dreimonatiges Mentoring-Programm für Frauen und nicht-binäre Personen, auch mit Migrationshintergrund, um ihnen in der immer noch von Männern dominierten Startup-Welt mehr Sichtbarkeit zu verschaffen. Die Vermittlung von Werten wie Vielfalt, Inklusion und Nachhaltigkeit spielt daher eine wichtige Rolle, aber auch die Weitergabe von Fachwissen für den Aufbau eines erfolgreichen Unternehmens.
Dafür sorgen das große Netzwerk der Factory Berlin und vor allem die Mentorinnen und Mentoren, die jeder Teilnehmerin unterstützend zur Seite stehen. Anders als bei den früheren Ausgaben des Programms lag der Fokus diesmal ausschließlich auf Berlin und Hamburg. Zwölf Mentees sind es an der Zahl, neun aus Berlin und drei aus Hamburg. Das entspricht ungefähr dem Verhältnis der insgesamt 118 Bewerberinnen. Das Berliner Übergewicht erklärt sich nicht zuletzt dadurch, dass Stealth Mode an der Spree schon weitaus bekannter ist als an der Elbe. Mit den kommenden Programmausgaben wird sich das Verhältnis voraussichtlich angleichen – die Factory Hammerbrooklyn Community in Hamburg wächst und wächst. Sicherlich haben alle Gründerinnen eine bemerkenswerte Geschichte zu erzählen, wir von Hamburg Startups konzentrieren uns naturgemäß auf unsere Lokalmatadorinnen.
Britta Wiebe von Vulvani
Eine von ihnen ist eine gute Bekannte, denn sie gewann im Juni 2021 bei unserem Gründerinnen-Wettbewerb STARTERiN. Britta Wiebe passt perfekt zur Philosophie von Stealth Mode, denn ein wesentliches Anliegen ihres Startups Vulvani ist es, für mehr Sichtbarkeit zu sorgen. Konkret geht es um das immer noch zu häufig tabuisierte Thema Menstruation. Dazu bietet sie kostenlose Stockfotos mit echtem Menstruationsblut statt irgendeiner blauen Ersatzflüssigkeit, vor allem aber Onlinekurse als Hauptgeschäftsmodell.
Drei Kurse auf Deutsch gibt es inzwischen und zwei auf Englisch. Wenn ihr noch mehr über Vulvani erfahren möchtet: Hier haben wir bereits ausführlich berichtet. Britta freut sich bei Stealth Mode drauf, sich mit anderen Gründerinnen auszutauschen und weiterzuentwickeln. Für die Bereiche Marketing und Sales hat sie eine kompetente Mentorin bekommen. Mit Yesica Rios von JOBMATCH.ME verbindet sie einiges; Britta hat eine Weile in Mexiko gelebt, Yesica ist dort geboren. Und die Marketingexpertin ist ebenfalls eine Gewinnerin unseres STARTERiN-Wettbewerbs, in der Kategorie „Tech“.
Diana Huth von ACTitude
Diana Huth stellt sich selbst als Psychologin, Medienproduzentin und Frohnatur aus dem Ruhrgebiet vor, die schon schon mit Mediengrößen wie Barbara Schöneberger und Eckart von Hirschhausen gearbeitet hat. Mit ihrem Startup ACTitude geht es allerdings deutlich ernster zu, denn die Plattform möchte dabei helfen, besser mit Emotionen und Stresssituationen umzugehen. Sie bedient sich dabei der Akzeptanz- und Commitment-Therapie, kurz ACT (Bitte als ein Wort aussprechen und nicht jeden Buchstaben einzeln.). Videos und Podcasts sind dabei jederzeit verfügbare Mittel für einen leichten Einstieg.
Der erste umfangreichere Onlinekurs wird sich dem Thema Stress widmen und idealerweise von den Krankkassen bezahlt werden, denn psychische Belastungen sind nicht nur ein privates Problem, sondern durch die damit einhergehenden Ausfallzeiten ein enormer Kostenfaktor für die Wirtschaft. Von Stealth Mode erhofft sich Diana neben den wirtschaftlichen Vorteilen vor allem eine Stärkung von Frauen in der Startup-Welt. Sie selbst kann dabei als queeres Vorbild dienen. Als Mentor steht ihr Jesaja Brinkmann zur Seite, der mit Cara Care eine Gesundheitsapp gelauncht hat.
Elnura Ashimova von re:love cosmetics
Elnura Ashimova hat BWL studiert, als Yogalehrerin das Startup 8minyoga gegründet und sich eingehend mit Naturkosmetik beschäftigt, während sie ein Problem mit Akne hatte. Außerdem trinkt sie gern Kaffee und hat sich schon häufig ein Peeling für die Haut aus dem Kaffeesatz gemacht. All das zusammen ergibt eine hervorragende Ausgangsposition für ihr Startup re:love cosmetics. Das vertreibt nämlich Kosmetikprodukte, die auf Kaffeesatz basieren. Nach eineinhalb Jahren Recherchearbeit und Suche nach dem geeigneten Lohnhersteller eröffnete sie im Mai 2021 ihren Onlineshop.
Elnura bezeichnet ihre Marke als “Beauty Brand mit Gewissen” und trifft damit den Nerv der Zeit. Auch das Prinzip des Upcyclings, also das Verwenden von vermeintlichem Abfall für hochwertige Produkte, liegt voll im Trend. Beim Kaffeesatz soll es nicht bleiben, beispielsweise lassen sich auch Dattelkerne und Zitronenschalen für die Kosmetikproduktion verwenden. Bisher ist re:love cosmetics praktisch eine One-Woman-Show, durch Stealth Mode und das Netzwerk der Factory Berlin hofft sie, den Schub für die nächsten Schritte zu bekommen. Dave Bassi von Kleiderly ist dabei ihr Mentor. Seine Ehefrau und Mitbegründerin Alina Bassi war bei der letzten Stealth Mode-Edition ebenfalls als Mentorin involviert.
Stealth Mode wirkt länger als 3 Monate
Offiziell gestartet ist Stealth Mode 4.0 am 27. September. In knapp drei Monaten durchlaufen die Teilnehmerinnen ein volles Programm mit Workshops, Tipps und Anleitungen zu allen wesentlichen Fragen rund um die Skalierung eines Startups und vielem mehr. Abschließender Höhepunkt ist dann der Demo Day am 15. Dezember in Berlin und Hamburg, live vor Publikum. Die Hamburger Gründerinnen bekommen übrigens den freien Zugang zu dem Netzwerk der Factory Berlin und den Räumlichkeiten an allen drei Standorten in Hamburg und Berlin für sechs Monate.
Ins Leben gerufen im Frühjahr 2020, ist Stealth Mode noch ein relativ junges Programm. Senior Program Managerin Charlotte Hook kann aber schon von einigen Erfolgsgeschichten berichten. So haben zum Beispiel zwei Teilnehmerinnen gemeinsam neu gegründet, aus einem Mentor wurde ein Investor, sieben Startups wurden gefördert und viele neue Kontakte geknüpft. Und natürlich viel Sichtbarkeit erreicht. Vom “Stealth Mode” im üblichen Sinn kann da wirklich keine Rede sein.
Beitragsbild: Fotos von Meklit Fekadu Tsige und Vulvani