COYO – ein Hamburger Softwareunternehmen auf internationalem Erfolgskurs
In der modernen Arbeitswelt versuchen Unternehmen möglichst viel für die Motivation ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu tun. Eine umfassende interne Kommunikation und regelmäßige Befragungen gehören dazu. Das und noch einiges mehr macht die Software von COYO möglich. Das Hamburger Startup hat sich mittlerweile zu einer internationalen Größe entwickelt. Wir zeichnen den Aufstieg nach.
Als Zwölfjähriger war Jan Marius Marquardt Fan von Harry Potter und auf der Suche nach Computerspielen mit seinem Helden. Als er nichts Passendes fand, lernte er programmieren, um selbst ein Spiel zu kreieren. Auch als Jungunternehmer machte er während der Schulzeit schon erste Erfahrungen. Das Studium der Wirtschaftsinformatik, dass er nach dem Abitur zur Sicherheit anfing, brachte ihm daher wenig neue Erkenntnisse, sodass er es nicht beendete und lieber ein Softwareunternehmen gründete.
Was ABOUT YOU mit COYO verbindet
Dieser Werdegang erinnert ein wenig an den von Tarek Müller, Geschäftsführer vom Online-Modehändler ABOUT YOU, der ebenfalls schon als Teenager Programmierer und Unternehmer war und mit dem Studieren gar nicht erst angefangen hat. Der Vergleich bietet sich vor allem deshalb an, weil Jan und Tarek zusammen zur Schule gegangen sind und sich auf ihren Karrierewegen immer wieder gegenseitig motiviert haben.
Bei Jan, der während seines dualen Studiums in einer SAP-Beratung gearbeitet hat, lautete der Plan, Business-Software attraktiver zu machen. 2010 hieß sein zusammen mit Daniel Busch gegründetes Startup noch Mindsmash und bekam Aufträge von so namhaften Kunden wie Bertelsmann und Airbus. Von Anfang an war allerdings das Ziel, die projektbezogene Arbeitsweise hinter sich zu lassen und ein vielseitig einsetzbares Softwareprodukt zu entwickeln.
Premiere auf der CeBIT
Auf der CeBIT 2012 feierte es dann Premiere unter dem neuen Markennamen COYO. Der Name stammt von einer mittelamerikanischen Frucht, die eng mit der Avocado verwandt ist. Zwischenzeitlich kursierte die Idee, das Unternehmen „The Fruit Company“ zu benennen und einzelne Produkte nach Früchten. Bis heute ist es bei COYO geblieben.
Der Messeauftritt war ein voller Erfolg und führte zu zahlreichen Anfragen. Die kurioseste kam von einem Staat, der ein soziales Netzwerk für gleich drei Millionen aufbauen wollte, also die gesamte Bevölkerung. Das eigentliche Internet war dort nicht so gern gesehen. Der Auftrag kam nie zustande. Bis Ende 2016 lief das ursprüngliche Beratungsgeschäft fort und finanzierte die ständige Weiterentwicklung der COYO-Software.
Als deren Vertrieb 2017 zum alleinigen Geschäftsmodell wurde, stelle sich erstmals die Frage, ob externe Investoren benötigt würden. Wurden sie nicht, denn das für die Expansion erforderliche Entwicklerteam gab es bereits und neue Großkunden wie die Deutsche Bahn und E.ON sorgten für sichere und steigende Umsätze. Das Geschäft warf Profit ab, da war es auch kein Problem, das Budget für Sales und Marketing zu erhöhen und Geld von Banken zu bekommen.
COYO kam 10 Jahre ohne Investor aus
Erst Ende 2020, COYO hatte inzwischen über 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Internationalisierung fest im Blick, stieg mit Marlin Equity Partners ein Investor ein. Das amerikanische Unternehmen mit dem Fokus auf Software-Anbieter verwaltet ein Kapital in Höhe von über 7,7 Milliarden US-Dollar. Bei COYO war die Rede von einem zweistelligen Millionenbetrag. Begonnen hatte die Investorensuche schon Anfang 2020 und war zwischenzeitlich, wie so vieles, von Corona ausgebremst worden.
Mit dem starken Partner im Rücken konnte COYO bei der Expansion ordentlich Gas geben. Im Juli übernahmen die Hamburger die französische People-Analytics-Plattform Jubiwee. Im September folgte die Fusion mit dem finnischen Software-Unternehmen Smarp, das Beschäftigte zu Arbeitgeberbotschaftern macht. Die Zuwächse brachten gleich zwei wesentliche Vorteile: Sie beschleunigten die Internationalisierung und erweiterten das Softwareangebot.
COYO definiert sich selbst als Anbieter einer „360° Employee Communications Platform“. Ein etwas schlankerer Begriff wäre „Social Intranet“. Auf jeden Fall dient die Software der internen Unternehmenskommunikation und soll unter anderem festgefahrene Hierarchien aufbrechen und Motivation und Identifikation stärken. Dazu trägt auch ein Instrument zur Mitarbeiterbefragung bei, das in Echtzeit aktuelle Stimmungsbilder erstellen kann. Dieser Baustein stammt von Jubiwee, und da die Franzosen in Sachen Datenschutz noch penibler vorgehen als die Deutschen, bleibt die Anonymität bei der Meinungsäußerung gesichert.
Der Weg geht in Richtung „Unicorn“
Durch den Zusammenschluss mit den internationalen Partnern ist die Zahl der Kunden auf über 700 und die der Beschäftigten auf rund 280 gestiegen. Der Jahresumsatz mit der Software-as-a-Service (SaaS) wird 2021 30 Millionen erreichen, angestrebt sind mittelfristig 100 Millionen. COYO hat längst eine solide neunstellige Bewertung erreicht und bewegt sich Schritt für Schritt in Richtung „Unicorn“, also Unternehmen mit Milliardenbewertung.
Gründer Jan ist sich sicher, dass jetzt das goldene Zeitalter für SaaS-Startups gekommen sei, nachdem im Bereich E-Commerce kaum noch Innovationen oder Marktlücken zu entdecken seien. Dagegen nimmt die Digitalisierung in den unterschiedlichsten Branchen gerade erst Fahrt auf und Software-Lösungen im Abomodell bieten beste Wachstumschancen bei hoher Kundenbindung. Das Münchener Startup Personio mit seiner Personal-Software und einer Bewertung von 5,5 Milliarden Euro ist da das beste Beispiel.
In welchen Sphären COYO noch ankommen kann, wird sich zeigen. Auf jeden Fall ist es kein klassisches Startup mehr, vielleicht noch ein „Startup, das gerade erwachsen wird“, wie Jan es formuliert. Da sei es besonders wichtig, die alte Unternehmenskultur zu bewahren. Das gelinge unter anderem deshalb, weil viele Teammitglieder schon lange dabei und mit COYO gewachsen seien. So habe sich ein starkes Wir-Gefühl entwickelt und eine lösungs- und nicht problemorientierte Denke. Alles Eigenschaften, die in Einklang stehen mit der angebotenen Software.