Corporates & Startups – der richtige Mixer machts!
Der Hamburg Startups Mixer ist längst ein Pflicht- und Spaßtermin für die hiesige Szene, den sich kaum einer entgehen lässt, auch bei schönstem Wetter nicht. Am vergangenen Montag lockte zusätzlich noch ein üppiges Programm unter dem Motto „Corporate meets Startups“ ins Mindspace.
Fast 200 Gäste waren gekommen zu dieser besonderen Ausgabe des Mixers, und das trotz eines sommerlichen Maiwetters, wie man es gerade in Hamburg gewiss nicht alle Tage erlebt. Ein bisschen lag das wohl auch an der Location, dem neuen Mindspace am Rödingsmarkt, die viele noch nicht besucht hatten. Und natürlich daran, dass dieses Mal neben dem obligatorischen Networking noch jede Menge Talks und Infos zum immer wichtiger werdenden Zusammenspiel zwischen Startups und etablierten Unternehmen geboten wurden.
„Coroprate meets Startups“ lautete dementsprechend die Überschrift der Veranstaltung, zu der die Gastgeberinnen Sina Gritzuhn und Sanja Stankovic, Gründerinnen der Privatinitiative Hamburg Startups, eine Reihe kompetenter Speaker begrüßen konnten. Den Anfang machte Jan-Menko Grummer von EY, der die wesentlichen Aussagen zum Thema zusammenfasste und das hier für uns nocheinmal tut:
Digitale Innovationen erreichen mit großen Schritten alle Lebensbereiche, so dass auch Unternehmen mit traditionellen Geschäftsmodellen vor einem großen Wandel und hohem Innovationsdruck stehen. Nur mit neuen Methoden und Mindset können Corporates in der notwendigen Geschwindigkeit die Veränderungen durch digitale Innovationen umsetzen. Hier können die Vorgehensweisen und der Innovationsgeist von Startups bei der Veränderung der Corporates mehr als hilfreich sein. Erfolgskritisch für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist allerdings, dass beide Seiten und Unternehmenskulturen sich sehr gut kennen, um die Stärken und Schwächen beider Seiten in gemeinsame Stärken zu wandeln. Gerade für diesen Austausch sind Veranstaltungen wie diese äußerst wichtig.
Das passiert, wenn man Startups und Corporates in den Mixer tut
Das sind Aussagen, die sich durch den ganzen Abend zogen: Corporates sind zu erfolgssatt und daher träge, Startups müssen innovativ und schnell erfolgreich sein, um zu überleben. Dafür haben etablierte Unternehmen das Kapital und Know-how, um die Innovationen von Startups auch angemessen umsetzen zu können. Auch wenn die Acceleratoren großer Konzerne bisher noch keine Wunderdinge vollbracht haben und es kein Patentrezept für eine erfolgreiche Kooperation gibt; eine regelmäßige Kommunikation auf Augenhöhe wird dazu führen, dass beide Seiten voneinander lernen und profitieren können.
Das gilt auch für die Deutsche Bank, vertreten durch Oliver John, der sich mit Mittelständlern ebenso auskennt wie mit Startups. Um die kümmert er sich in Hamburg mit seinem insgesamt elfköpfigen Team Startups@Germany. Dort gibt es Beratung und Angebote, die speziell auf junge Gründerinnen und Gründer zugeschnitten sind. Die Deutsche Bank will so die Kunden von morgen erobern und selbst noch mehr über die neue Geschäftswelt lernen. Obwohl, so fundamental seien die Unterschiede zur alten nicht, hat John festgestellt, schließlich ginge es überall darum, Kunden zu gewinnen und zu halten.
Wie die Zusammenarbeit der Deutschen Bank mit Startups konkret aussieht, davon konnten der Head Digital Offering & Processes Andreas Kramer und FinTech-Tausendsassa André M. Bajorat von figo berichten. Mit im Boot, wenn auch nicht vor Ort im Mindspace, ist Deposit Solutions, ebenfalls aus, klar, Hamburg. Gemeinsam wollen sie dafür sorgen, dass die bis 2020 geplante vollständige Digitalisierung der Deutschen Bank reibungslos über die Bühne geht (mehr dazu hier).
Das widerspricht dem Klischee, das FinTechs, also Startups aus der Finanzbranche, die ganz große Disruption anzetteln und die alten Banken hinwegfegen wollen. Davon hält André sowieso nichts, er will mit Events wie dem Bankathon die verschiedenen Parteien lieber zusammenbringen, denn eins ist klar; die Banken haben einerseits die Macht und die Infrastruktur, ohne die Startups nichts bewirken können, andererseits waren sie bisher zu sehr mit sich selbst beschäftigt und haben daher den Anschluss teilweise verpasst.
Schnelligkeit ist relativ
Andreas stimmte dem zu, wobei in letzter Zeit schon einiges passiert sei; neue Abteilungen, sogenannte Innovationslabore gingen neue Wege, und Entscheidungen würden bereits viel schneller fallen als früher. Wobei „schnell“ immer noch ein recht dehnbarer Begriff sei, wie André bemerkte.
Um Schnelligkeit geht es weniger bei Floatility, dafür mehr um zukunftsweisende Mobilität mit Elektrorollern, über die wir hier schon ausführlich berichtet haben. Beim Mixer stand die Zusammenarbeit mit dem Chemieriesen BASF im Mittelpunkt, die ziemlich unkompliziert und auf Augenhöhe funktioniert, auch wenn es etwas gedauert hat. Die Idee, sich mit BASF zu verbandeln, kam Gründer Oliver Risse, als er eine Postkarte des Traditionsunternehmens zu Firmenjubiläum sah.
Darauf abgebildet war ein Hochrad aus dem Jahr 1865 wie es mit moderner Technik gebaut aussehen könnte. „So eins möchte ich mit Euch bauen, nur ganz anders“, hat er dazu sinngemäß und verkürzt dargestellt gesagt, und das hat dann auch funktioniert. Ohne die Kompentenz und die Finanzkraft eines Unternehmens wie BASF hätte ein Hardware-Startup wie Floatility auch keine Chance, allerdings kommt noch ein wesentlicher Faktor hinzu: Vertrauen. Bei dieser Partnerschaft ist nicht alles bis ins kleinste Detail vertraglich geregelt, man vertraut sich eben.
Nicht alles rosarot zwischen Corporates und Startups
Vertrauen ist also gut, aber nicht immer: Rocky Wüst hat im Gegensatz zu seinen Vorrednern auch schlechte Erfahrungen mit Vertretern aus der Corporate-Welt gemacht. Er gehört den Brüdern Gleich, die veganen Reisjoghurt fabrizieren, und konnte wahre Schauergeschichten erzählen. So hatten sie sie eine Vertraulichkeitsabmachung mit Firma A abgeschlossen, im Gespräch saßen aber Vertreter von Firma B, und ein angeblicher Geschäftsführer war gar nicht der Geschäftsführer. Das kam natürlich alles erst hinterher heraus, zum Glück nicht zu spät.
Solche Betrugsversuche sind sicher eine krasse Ausnahme, trotzdem gilt gerade für noch unerfahrene Startups: Kontrolle ist manchmal besser, etwa durch das konsequente Nutzen von Kontakten aus dem eigenen Netzwerk, denn die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass man zumindest jemanden kennt, der jemanden kennt, der einem gerne hilft. Die richtige Mischung aus Erfahrung Wissen, Vertrauen und Agieren auf Augenhöhe muss her, dann klappt es zwischen Corporates und Startups.
Zur Abrundung dann noch zwei Kurzpitches: Robert Heinecke stellte sein Startup Breeze vor, das mit handlichen Messgeräten für flächendeckende Luftmessungen sorgen will, in Gebäuden abenso wie ganzen Städten, in Zeiten zunehmender Luftverschmutzung ein brandaktuelles Thema. Breezes Corporate-Partner ist das US-Softwareunternehmen Autodesk, das sich auf 2D- und 3D-Design spezialisiert hat und Robert und seinen Mitstreitern nicht nur kostenlos Software zur Verfügung gestellt, sondern auch wertvolle internationale Kontakte ermöglicht hat.
Wertvolle Kontakte sind auch das Stichwort bei der Sportsponsoring-Plattform Sponsoo. Wie Mitgründer Andreas Kitzing berichtete, hat diese in der Agentur Jung von Matt/sports einen kongenialen Partner gefunden. Das Agenturgeschäft ist nicht skalierbar, zumindest nicht in dem Maße wie bei Startups, deshalb sucht jung von Matt/spots wie so viele die Nähe zu den Jungs und Mädels mit den neuen Geschäftsmodellen.
Was es sonst noch gab? Erfrischendes Joghurteis von Lycka und leckere Stullen von der Klappe, dazu Bier und andere Getränke satt und jede Menge nette und anregende Gespräche bis in den späten Abend – eben all das, was einen Mixer immer auszeichnet. Ein rundum positives Fazit zieht für uns Oliver John von der Deutschen Bank:
Ein insgesamt toller Abend, der, trotz des sommerlichen Wetters, gut besucht war. Es hat uns sehr viel Spaß gemacht mit bereits bestehenden Kontakten zu Startups, aber auch mit vielen für uns neuen Gesichtern ins Gespräch zu kommen. Diese neuen Verbindungen werden wir im Nachgang sicher noch intensivieren. Nicht nur unser Frankfurter Kollege Andreas Kramer aus dem Bereich digitale Angebote und Prozesse war begeistert von der Lebendigkeit und Aktivität der Hamburger Startup-Szene. Die Paneldiskussion mit figo hat uns gezeigt, wie erfolgreiche Zusammenarbeitsmodelle für „Corporates meets Startups“ funktionieren können. Wir freuen uns über das positive Feedback zu unserer Teilnahme und auf weitere Veranstaltungen dieser Art mit Euch. Danke Hamburg Startups!
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