CityCaddy – Fürs Gründen gibt es keine Altersgrenze
Ein Rollator hat seine Vorteile, ein Einkaufstrolley, im Volksmund Hackenporsche genannt, auch – edles Design gehört allerdings in der Regel nicht dazu. Das muss auch anders gehen, denkt sich Elke Jensen und verbindet bei ihrem CityCaddy das Beste aus beiden Welten. Zudem beweist sie, dass Startup-Gründerinnen auch über 70 sein können.
Sie habe schon immer ein Doppelleben geführt, erklärt uns Elke Jensen im Interview. Damit spielt sie aber nicht auf irgendwelche geheimdienstlichen oder gar illegalen Aktivitäten an, sondern auf ihr Berufsleben, bei dem sie häufiger zwischen Selbstständigkeit und Festanstellung hin und her pendelte. Dabei bewegte sie sich immer im Bereich von Kunst, Design und Architektur. Unter anderem führte sie eine Galerie für Gegenwartskunst, war Dozentin an der AMD Akademie Mode & Design in Hamburg und sitzt noch heute im Vorstand der Künstlerinnenstiftung Die Höge.
Schön und praktisch müssen sich nicht ausschließen
Elke Jensen hat Produktdesign studiert, mit dem Schwerpunkt auf Möbel, also Objekten, die normalerweise fest an einem Ort stehen. Diese Präferenz hat sich in den letzten Jahren entscheidend verändert. Irgendwann in ihren eigenen 60iger Jahren stellte sie fest, dass das Tragen der Einkäufe nicht mehr so leicht fiel und beim Gehen ab und zu eine kleine Stütze hilfreich wäre. Ein Rollator kam aber nicht infrage, zu sehr schreckten dessen Image und Design ab.
Also begann sie 2015 mit ersten Skizzen für für ein Gerät, das die Vorzüge von Einkaufstrolleys und Rollatoren vereinen und auch noch schön aussehen sollte. Einen Namen hatte sie zunächst nicht, die Inspiration brachte ein Kinderwagen, der Caddy hieß. Der Name gefiel ihr und so nannte sie ihr Gefährt CityCaddy. Die Wort-/Bildmarke dafür sicherte sie sich bereits im Dezember 2015.
Sechs Jahre von der ersten Idee bis zum fertigen CityCaddy
Die eigentliche Entwicklung des CityCaddys nahm dann wesentlich mehr Zeit in Anspruch. Bei dem ersten Prototyp half noch der Bruder, später übernahm die Fahrradmanufaktur Patria die Aufgabe. 2019 war dann das Jahr der offiziellen Gründung der CityCaddy UG. Erste Tests im Freundeskreis zeigten, dass Idee und Umsetzung gut ankamen. Es dauerte aber noch weitere zwei Jahre, bis die ersten Exemplare tatsächlich auf den Markt kommen konnten. Bestellungen lagen schon im Frühjahr 2021 vor, durch Corona bedingte Verzögerungen in der Produktion ermöglichten den Verkauf erst ab Oktober.
Verantwortlich für die Herstellung des Caddys ist die Firma Malapert und Matzke in Wedel, die Taschen kommen von der Creativ Lederwaren Manufaktur in Sangershausen. Die Beauftragung deutscher Manufakturen und eine nachhaltige Herangehensweise gehören zum Selbstverständnis des Startups. Die dadurch garantierte Qualität hat ihren Preis: Ein Caddy inklusive Tasche, die auch einzeln erhältlich ist, kostet bis zu annährend 1,000 Euro.
Kundinnen und Medien mögen CityCaddy
Der CityCaddy scheint es wert zu sein, denn die Kundinnen – es sind bisher hauptsächlich Frauen – geben begeisterte Kommentare ab. Sie loben die gelungene Kombination aus Design und Funktionalität. Das Gerät ist stufenlos höhenverstellbar und ermöglicht so eine gesunde Körperhaltung, lässt sich einfach zusammenklappen und sowohl ziehen als auch schieben. Momentan sind die zwei Taschenmodelle „Paris“ und „Mailand“ im Angebot.
Die Geschichte vom CityCaddy und seiner Gründerin hat in der Presse schon einige Wellen geschlagen. Beiträge in der Süddeutschen Zeitung und dem Bonner Generalanzeiger haben Elke Jensen gezeigt, dass zumindest in der älteren Zielgruppe Print immer noch wirkt. Besonders gefreut hat sie sich aber einen Beitrag in der NDR-Fernsehsendung DAS!. Gast war dort die Schauspielerin, Ärztin und Buchautorin Marianne Koch, die auch mit 90 noch nicht im Ruhestand ist.
Mit 72 geht es jetzt richtig los
Im Vergleich zu diesem Vorbild ist Elke Jensen mit 72 fast noch jung und die Geschichte von CityCaddy steht ja auch erst ganz am Anfang. Die ersten 50 Exemplare waren so etwas wie eine Testserie, die nächste Charge wird schon 500 Stück umfassen. Das junge Unternehmen, das bisher von Friends & Family monetär und durch ein Team von Freelancern mit Know-how und Arbeitskraft unterstützt wird, soll durchaus Gewinn machen. Der Vertrieb läuft bisher überwiegend über den Onlineshop, in Hamburg ist der CityCaddy im P36 in der Papenhuder Straße erhältlich.
Auf die Frage, ob sie sich einen Auftritt bei „Die Höhle der Löwen“ vorstellen könnte, reagiert Elke Jensen eher zurückhaltend. Gern würde sie sich aber mal mit den Gründern des Rollator-Startups ello unterhalten. Die hatten zwar einen Deal ergattert, waren aber später trotzdem in ernste finanzielle Schwierigkeiten geraten. Vielleicht kann sie wertvolle Tipps geben, in ihrem Alter ist sie einfach näher an der Zielgruppe. Auch das stützt die These, dass es fürs Gründen keine Alterdgrenze gibt, wenn das Produkt passt.
Fotos: CityCaddy