CHEF.ONE – ein Startup bittet zu Tisch
Der gemeine Redakteur lässt sich gerne zu allerlei Events einladen, und eines der wichtigsten Kriterien, ob er diese Einladung auch annimmt, ist die Antwort auf die Frage: Was gibt es zu essen? Beim Startup CHEF.ONE ist es ein Drei-Gänge-Menü, zubereitet von einem Profikoch. Da fällt die Entscheidung nicht allzu schwer.
Food – ein beliebtes Startup-Thema
Essen und Trinken sind beliebte Themen bei Hamburger Gründerinnen und Gründern, 34 Unternehmen aus dem Startup Monitor lassen sich in die Kategorie Food einordnen. Dazu gehören unter anderem Cookasa, wo sich zuvor fremde Menschen miteinander kochen, und Kitchennerds, die Köche für die eigene Wohnung vermitteln. Mit einem Geschäftsmodell, das irgendwo dazwischen liegt, ist gerade CHEF.ONE gestartet.
Gründer von CHEF.ONE ist Erdal Alim. Er hat eine Ausbildung zum kaufmännischen Assistenten für Wirtschaftsinformatik in Hannover gemacht, im Anschluss für einige IT-Unternehmen gearbeitet und war zuletzt ein paar Jahre für eine amerikanische Consulting-Firma im Bereich Highend-Datenbankoptimierung tätig, wobei er unter anderen die ganz großen Player aus dem Silicon Valley beraten durfte. Dabei war er nicht an einen festen Ort gebunden, konnte abwechselnd in San Diego, Costa Rica und Kolumbien leben und arbeiten. Über diese Zeit erzählt er:
Ich kam also an Orte, an denen ich teilweise sehr wenige Menschen oder zunächst sogar niemanden kannte. Daher bestellte ich mir oft mein Essen bei Lieferdiensten (das ödete mich ziemlich schnell an, da sich alles ähnelte) oder saß alleine in einem Restaurant. Mir ging der Gedanke durch den Kopf, dass in dem Moment, in dem ich mein geliefertes Gericht esse, um mich herum so viele gute Locals super Essen zaubern und es doch viel besser wäre, wenn ich mich zu Privatleuten einladen könnte, um zum einen neue Leute kennenzulernen und zum anderen wirklich gutes Essen zu bekommen.
So entstand die Idee zu CHEF.ONE, bei der zwei Faktoren im Vordergrund stehen: Die Kunden können in privater Atmosphäre und bei einem leckeren Essen zwanglos neue Leute kennenlernen. Und Köche, Profis wie Hobbybruzzler, müssen nicht mehr anonym in der Küche werkeln, sondern bekommen direkt mit, wie ihre kulinarischen Kreationen bei den Gästen ankommen.
Dieser direkte Kontakt, der Köchen normalerweise vorenthalten ist, war eine wesentliche Motivation für den Profi Marc Wieberneit, bei CHEF.ONE mitzumachen. Er hat seine Lehre im Privathotel Lindtner in Hamburg gemacht und danach über ein Jahr bei Steffen Henssler im Restaurant Henssler & Henssler gearbeitet. Weitere Stationen sind unter anderem das Hotel Süllberg, weitere Zusammenarbeiten mit Karlheinz Hauser und ein Gala-Menü mit Lea Linster.
Genug der Vorrede, jetzt kommt endlich das versprochende Drei-Gänge-Menü auf den Tisch. Eingeladen hat Erdal in seine eigene Wohnung, die Gäste sind zum Teil Freunde und Familienmitglieder, schließlich durchläuft das Startup gerade die Testphase. Das kann man von Marcs Kochkünsten nicht behaupten; schon die Vorspeise, Mini-Burger mit Biorindfleisch und selbstgemachter Tomatensoße, wird überschwänglich gelobt. Und genau das ist es, was Marc in seinem bisherigen Berufsleben gefehlt und bei CHEF.ONE gefunden hat.
Wie gesagt, noch befindet sich die Plattform in der Alpha-Phase. Die App ist zwar schon offiziell verfügbar und funktioniert weitgehend reibungslos, aber aktuell können sich User nicht aktiv anmelden, sondern werden einzeln freigeschaltet, bevor sie die Buchung durchführen können.
Unterdessen haben sich die bunt zusammengewürfelten Gäste schon ein bisschen kennengelernt, man unterhält sich angeregt über Berufliches und Privates, Fußball und passenderweise Ökotrophologie (Ernährungswissenschaft – das wussten die meisten vorher nicht, wieder was gelernt). So vergeht die Zeit bis zum nächsten Gang wie im Fluge, und da ist er auch schon: Hähnchenbrust aus dem Ofen, Wirsinggemüse und Selleriepüree – alles wieder sehr lecker!
Lean-Startup zum Reinbeißen
Nicht vergessen, wir sind hier bei einem Startup, und so lässt sich auch dieses köstliche Mahl als Beispiel für die Anwendung der Lean-Startup-Methode interpretieren. Was wollen die Gäste: mehr oder weniger Fleisch, größere oder eher kleinere Portionen und dafür Nachschlag? Hier wird getestet und anschließend gegebenenfalls optimiert.
Das gilt auch für die App. Bei den Bezahlmodalitäten ist sie schon recht komfortabel, bei anderen Features, zum Beispiel das Einstellen von Events durch die Köche, gibt es noch einiges zu tun. Ziel ist eine Plattform zu schaffen, bei der Profiköche und begabte Amateure eine Reihe von Kochdienstleistungen anbieten können. Das müssen nicht nur gesellige Abende wie heute sein, auch ein Mittagstisch für die Nachbarschaft wäre denkbar.
Jetzt ist aber erst mal der Nachtisch dran, der schon als eigentlicher Höhepunkt angekündigt wurde, denn Desserts sind Marcs besondere Leidenschaft. Und tatsächlich: Die Brownies sind so saftig und schokoladig, wie man sie sonst kaum bekommt, und das Drumherum aus Apfelstückchen, Hafercreme und Granatapfelkernen sieht nicht nur gut aus, es schmeckt noch besser. Zum Glück ist von allem genug da für eine zweite Portion, und für Erdals Frühstück bleibt auch noch was übrig.
CHEF.ONE soll weltweit funktionieren
Am Ende das Abends sind alle satt und glücklich und sich einig: Das hat Spaß gemacht, das Essen war toll und das Zusammentreffen mit vorher Unbekannten völlig unkompliziert und angenehm. Test geglückt, so kann es weitergehen mit CHEF.ONE. Vorerst sind wöchentliche Essen in Hamburg geplant, Berlin und München sollen folgen, auch eine internationale Ausbreitung ist möglich; Anfragen aus London, New York oder St. Petersburg liegen bereits vor. Gutes Essen und Geselligkeit sind schließlich überall gefragt.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!