Breeze startet in Rothenburgsort Projekt für bessere Luftqualität
Luftverschmutzung ist ein weltweites Problem, das laut diverser Untersuchungen wahrscheinlich jährlich über sechs Millionen Menschen das Leben kostet. Um dagegen anzugehen, sind mehr und genauere Messungen der Luftqualität nötig. Einen Teil dazu bei trägt das Hamburger Startup Breeze. Heute startet ein Pilotprojekt im Stadtteil Rothenburgsort.
Im Mittelpunkt steht die Internetplattform von Breeze, über die Bewohner des Stadtteils Rothenburgsort in Hamburg hochlokale Luftqualitätsdaten in Echtzeit abrufen können. Zudem wird ein täglicher Newsletter über Trends und Besonderheiten informieren. So werden Nutzer zukünftig auch über den eigenen möglichen Beitrag zur Vermeidung von Emissionen und zur Verbesserung der Luftqualität aufgeklärt. Eine schrittweise Erweiterung der Plattform auf andere Stadtteile und Städte ist bereits in Planung.
Weitere Teilnehmer und Sponsoren gesucht
Dem heutigen Start ging eine mehrmonatige Vorbereitungsphase voraus, in der Privathaushalte Einrichtungen als Standorte für Luftqualitätssensoren gesucht und gefunden wurden. Die Aktion erfolgte in Koordination mit dem lokalen Stadtteilrat. Weitere Teilnehmer an dem Projekt sind herzlich willkommen. Voraussetzung sind eine Erdgeschosslage, Regenschutz im Außenbereich, eine Steckdose und WLAN. Außerdem werden Unternehmen als Sensor-Sponsoren gesucht, die die Kosten für die Installation (einmalig 1.000 Euro) und Wartung und Betrieb der Sensoren (jährlich 599 Euro) übernehmen.
Werfen wir kurz ein Blick zurück auf die Entstehungsgeschichte von Breeze. Ende 2014 arbeitete Robert Heinecke als Werkstudent für eine Unternehmensberatung in Istanbul. Die Metropole am Bosporus leidet das ganze Jahr über am hohen Verkehrsaufkommen, im Winter kommen die Abgase der Kohleheizungen und eine Inversionswetterlage hinzu, die die Bildung von Smog zusätzlich begünstigen. Das führte auch bei Robert zu gesundheitlichen Problemen, und er fragte sich, was dagegen getan werden könnte, zumal Smog in vielen Teilen der Welt eine Gefahr für die Gesundheit ist.
SpeedUP! Europe gab den entscheidenden Schub
Zufällig traf er wenig später Stefan Stengel, einen der Organisatoren des europäischen Förderprogramms SpeedUP! Europe. Der Acceleraror mit Hauptsitz beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Smart City. Das passte perfekt zu Roberts Wunsch, etwas gegen Luftverschmutzung zu tun. Also gründete er zusammen mit den Werkstudenten Sascha Kuntze und Jan Rübbelke, bewarb sich bei SpeedUP! Europe und konnte dort prompt einen Platz ergattern.
Die Technologie und das Geschäftsmodell entwickelte sich dann im Verlauf des neunmonatigen Programms. Als Kunden waren zu Beginn hauptsächlich Unternehmen angepeilt worden, die mithilfe besserer Raumluft buchstäblich das Arbeitsklima verbessern wollen. Später kristallisierte sich heraus, dass Breeze vor allem auch Städte beim Kampf gegen die Luftverschmutzung wirkungsvoll unterstützen könnte.
Viele Förderprogramme und prestigeträchtige Auszeichnungen später wird dieser Plan in Rothenburgsort nun endlich in die Tat umgesetzt. Zu Beginn mit vier Sensoren, was nicht nach viel klingt, für eine Fläche von gerade mal 7,4 Quadratkilometer, die der Stadtteil umfasst, aber durchaus komfortabel ist. Zum Vergleich: Das hundertmal so große Hamburg unterhält insgesamt nur 12 Luftmesstationen.
Breeze erfüllt alle internationalen Standards
Bei der Erhebung und Auswertung der Luftqualitätsdaten folgt Breeze den Vorgaben von nationalen und internationalen Leitstellen wie dem Umweltbundesamt und der WHO. So wird sichergestellt, dass auf der Plattform immer akkurate und zuverlässige Informationen publiziert werden. Die Luftqualitätssensoren des Startups erfassen die aktuelle Luftgüte alle 30 Sekunden und übertragen sie an eine zentrale Cloud-Plattform, wo die Daten Anwendern in Echtzeit zur Verfügung stehen.
„Unsere Miniatur-Luftqualitätssensoren messen alle wichtigen Schadstoffe: Feinstaub, Stickoxide, Ozon und viele mehr. Dabei sind unsere Sensoren bis zu 50.000 Mal kleiner und unsere Lösung bis zu 1.000 Mal günstiger als aktuelle Produkte auf dem Markt. Damit ermöglichen wir erstmals eine flächendeckende Überwachung der urbanen Luftqualität in Echtzeit“, erklärt Haris Sefo, Head of Science bei Breeze.
CEO Robert Heinecke fasst die Unternehmensvision folgendermaßen zusammen: „Wir glauben, dass engmaschige Netzwerke kleiner, preiswerter Sensoren ein völlig neues Verständnis unserer Umwelt ermöglichen können. Auf Basis unser Echtzeitdaten können wir endlich an den grundlegenden Problemen der Umweltverschmutzung arbeiten und Strategien entwickeln, wie wir sie am besten vermeiden.
Dank hochlokaler Daten sind wir in der Lage, die schlimmsten Smog-Hotspots in Städten zu identifizieren und hier gezielt Interventionen zur Verbesserung der Luftqualität zu empfehlen. Wir können auch die Auswirkungen dieser Maßnahmen direkt in unseren Daten sehen. So können wir, falls nötig, auch nachsteuern. Wir erhöhen damit die Effektivität der Maßnahmen und die Effizienz der vorhandenen städtischen Budgets.“
Viele Datenquellen, viele Einsatzmöglichkeiten
Zusätzlich zu den von Breeze ermittelten Messergebnissen fließen auch Satelliten- und Verkehrsdaten sowie die Ergebnisse der existierenden Messnetze in die Auswertung mit ein. CTO Sascha Kuntze erklärt: „Kleine und kostengünstige Sensoren sind weniger genau als traditionelle Messtechnik. Wir kalibrieren unsere Sensoren aber rund um die Uhr auf Basis von Machine Learning- und Big Data-Technologien nach. So erreichen wir annähernd die Datenqualität und -genauigkeit der existierenden Messnetze.
Die Breeze Cloudplattform erlaubt es auch, eine beliebig hohe Auflösung der Luftqualitätsdaten zu erzielen: Wenn nötig auf den Meter genau. Damit helfen wir Gebäudemanagern, Umweltwissenschaftlern und städtischen Verwaltungen und Administrationen ihre lokale Luftqualität zu verstehen, Emissionsquellen zu identifizieren und zeigen die besten Wege zur situativen Verbesserung auf.“
Smart City ist international ein größeres Thema als hierzulande
Für die Zukunft setzt Breeze nicht zuletzt auf internationale Märkte. Im Ausland löst alles, was in die Kategorie Smart City fällt, oft mehr Euphorie aus als hierzulande, hat Robert festgestellt. Und da das Startup vor allem mit seiner Softwarelösung punktet, lassen sich damit auch die Messergebnisse anderer Stoffe als bisher auswerten. Etwa das als Treibhausgas eingestufte Methan, das gerade in großen Mengen vor Helgoland austritt. Aber das ist eine andere Geschichte.
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