Boomerang erhält sechsstellige Finanzierung für Mehrweg-Versandtaschen
Onlineshopping hat viele Vor-, aber auch einige Nachteile. Einer davon ist der Verpackungsmüll; regelmäßig quellen die Papiercontainer über. Das Hamburger Startup Boomerang bietet nun mit wiederverwendbaren Versandtaschen und einem Pfandsystem eine echte Alternative. Dafür gab es nun in einer ersten Finanzierungsrunde einen hohen sechsstelligen Betrag.
Angefangen hat alles ausnahmsweise nicht in einer Garage, sondern im Keller. Genauer gesagt, im Müllkeller von Marc Engelmann. Den Journalisten nervte der Müllberg, der mal wieder durch zahlreiche Versandkartons entstanden war. Onlineshopping war schon lange im Aufwind und die Corona-Krise brachte noch einen zusätzlichen Aufschwung. In der Folge stieg auch der Bedarf an sperrigen, oft überproportionierten Versandkartons.
Nun lässt sich Pappe im Prinzip gut recyceln, doch in der Praxis ist das mit einem logistischen und technischen Aufwand verbunden, der eine positive Umweltbilanz ziemlich beeinträchtigt. Mehrweg- und Pfandsysteme haben diese schon einigen anderen Bereichen verbessert, warum sollte das nicht auch bei E-Commerce möglich sein? Diese Überlegung stand am Anfang des 2021 von Marc gegründeten Startups Boomerang, das in diesen Tagen so richtig durchstartet.
Startup-Champ mit erster Finanzierungsrunde
Erst kürzlich konnte Boomerang beim Pitch-Wettbewerb Startup-Champs 2022 zum Thema Mobility & Logistics, den Regionaltitel für Hamburg ergattern. Der neueste Streich ist eine Pre-Seed-Finanzierungsrunde über einen hohen sechsstelligen Betrag. Lead Investor ist die FIVE Investments GmbH, der Logistikunternehmer Navid Thielemann (Overseas Logistic Services GmbH) und Christian Flick (Recht Logistik GmbH). Hinzu kommen die Business Angel Nikolaus Bayer (Business Angel des Jahres 2020) sowie Mark Miller (Hamburg), Alf Arnold (Business Angels Club Berlin-Brandenburg), Beate Rosenthal (Business Angel Rhein Main) und Dr. Gregor Heinrich (Business Angels Club Berlin-Brandenburg).
FIVE Investments kommentiert das Engagement so: „Mit dem Investment in Boomerang haben wir unser Portfolio mit einer innovativen Lösung von Mehrwegverpackungen erweitern können und wollen mit unserem Netzwerk und Know-how das Startup erfolgreich im Markt mitgestalten und etablieren.“
Als Verpackungslösung hat Boomerang Versandtaschen, auch Packs genannt, aus sortenreinem recycelten Plastik entwickelt. Das hat eine Reihe von Vorteilen. Zunächst sind die Packs deutlich platzsparender als die rechteckigen Kartons, die oft nur zu einem Bruchteil mit der eigentlichen Ware befüllt sind. Die Wahl auf Plastik fiel deshalb, weil das Material wesentlich haltbarer ist als Pappe. 50 Verwendungen sollten problemlos möglich sein, zehnmal so viele bei einer Pappvariante.
Ein Boomerang-Pack passt in jeden Briefkasten
Die Versandtaschen sind mit Klettverschlüssen versehen, was eine materialaufwendige Verschnürung und Verklebung überflüssig macht. Und dann lassen sich die Packs im Leerzustand leicht auf DIN A4-Format zusammenfalten. Damit passen sie im Gegensatz zu Kartons in jeden Briefkasten, ein wesentlicher Faktor für ein funktionierendes Mehrwegsystem. Für jede Tasche ist nämlich ein Pfand von drei Euro zu entrichten, das nach kostenloser Rücksendung an Boomerang rückerstattet wird.
Sollten die Kundinnen und Kunden die bestellte Ware allerdings zurückschicken wollen, was vor allem bei Modeartikeln nicht gerade selten vorkommt, geschieht das an den jeweiligen Shopbetreiber, der dann auch die Pfandgebühr zurückzahlt. Eine weitere Möglichkeit wäre, die Packs bei einer der üblichen Paketannahme- und abholstellen abzugeben, um seine drei Euro zurückzubekommen. Das ist noch Zukunftsmusik, während das erste Pilotprojekt bald starten wird.
Die ersten Testkunden stammen aus der Modebranche, was aus mehren Gründen eine gute Entscheidung ist. Zum einen ist die Branche im E-Commerce besonders erfolgreich und versandintensiv. Zum anderen lassen sich Kleidungsstücke ziemlich unkompliziert versenden. Sie müssen nicht gekühlt werden, sind nicht druckempfindlich und schon gar nicht zerbrechlich. Das sind die momentanen Kriterien für die Verwendung der Boomerang-Packs.
Von den rund 4 Milliarden Paketsendungen jährlich in Deutschland ließen sich demnach etwa 1,7 Milliarden auch mit den Versandtaschen bewältigen. Mit einer geplanten gepolsterten Versionen wäre der Anteil sogar noch zu steigern. Zusätzlichen Spielraum bieten zudem unterschiedliche Größen. Beim Piloten kommt zunächst ein Standardformat zum Einsatz.
Wie man Investoren und Co-Founder findet
Was der Gründer Marc bisher erreicht hat, hat er natürlich nicht im Alleingang geschafft. Die Investorenriege haben wir schon erwähnt. Auf die Frage, wie man Business Angels für sich gewinnen kann, gibt Marc eine zwar nicht allgemeingültige, aber auf jeden Fall amüsante Antwort. Für eine exklusive Veranstaltung vom Business Angels Netzwerk Deutschland (BAND) hatte er eine Einladung erhalten. Später stellte sich heraus, dass eine Namensverwechslung vorlag und dort Startups gar nicht vorgesehen waren, doch er nutzte die Chance, um wertvolle Kontakte zu knüpfen.
Auch seine beiden Co-Founder, Katharina Kreutzer und Christian Putz, fand er auf eine Weise, die eine etwas ausführliche Schilderung verdient. Auf der Plattform founderio, die für auch Startup-Jobs aller Art konzipiert ist, stellte er sein Projekt vor. Er erregte damit die Aufmerksamkeit von Katharina und Christian, die sich vorher nicht kannten, und für ein Drei-Personen-Bootcamp aus Süddeutschland nach Hamburg anreisten.
Als es nach drei Tagen um 4 Uhr morgens mit der Bahn zurück in den Süden ging, war für beide alles klar. Sie würden ihre bisherigen Jobs kündigen und von Regensburg beziehungsweise München in die Hansestadt ziehen, um mit Boomerang richtig durchzustarten. Es ist also nicht ganz abwegig, founderio als „Tinder für Gründer“ zu bezeichnen, auch wenn der Entscheidungsprozess etwas länger dauert als nur einen Wisch.
Seinen Platz in Hamburg gefunden hat Boomerang vorerst im HK100, dem Coworking Space der KRAVAG Versicherung. Erforderlich wird zudem ein Lager für die Packs sein, die natürlich auch gereinigt und aufbereitet werden müssen. Momentan übernimmt diese Aufgaben noch ein externer Dienstleister. Und das Lager könnte groß werden, denn, wie gesagt, die Zahl der Paketsendungen geht in die Milliarden; viel Potenzial für die umweltfreundliche Alternative von Boomerang.
Boomerang ist Mitglied im Hamburg Startups Club
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Fotos: Boomerang