bentekk: „Unsere Geschichte soll Gründungsinteressierten Mut machen“
Für die Gründer Matthias Schmittmann und Johannes Weber war die Geschichte ihres Startups bentekk wie eine Reise, die an der Uni begann und zu einem großen Konzern führte. Jetzt steigen beide aus ihrem Unternehmen aus und ziehen im Interview Bilanz.
Lieber Johannes, lieber Matthias, vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für ein Interview mit uns nehmt! Könnt ihr zunächst bitte kurz skizzieren, wie die Idee zu eurem Startup bentekk entstanden ist und was das Geschäftsmodell war?
Wir haben bentekk Ende 2013 aus dem Studium heraus gegründet. Im Rahmen unserer Abschlussarbeiten kamen wir mit dem Prototyp eines Gasmessgeräts und mit einem Businessplan so weit, dass wir die Idee unbedingt weiterführen wollten. bentekks Produkt ist das X-pid 9000, ein portables Gasmessgerät zur Überwachung von Grenzwerten krebserregender Stoffe in der Luft. Das Gerät wird im Arbeitsschutz von Unternehmen der Öl, Gas und Chemischen Industrie eingesetzt.
Zu unseren Kunden gehören unter anderem BASF, Shell, Dow und BP. Das X-pid 9000 ist bisherigen Lösungen mit Bezug auf Messgeschwindigkeit und Messgenauigkeit überlegen. Das Geschäftsmodell besteht im Verkauf der Geräte für einen Preis im Bereich eines Mittelklasseautos mit attraktiver Marge. Darüber hinaus werden Serviceverträge, Verbrauchsmaterialien, Zubehör und zunehmend jährliche Softwarelizenzen für ergänzende Webanwendungen angeboten. Die Produktinnovation wurde mehrfach ausgezeichnet, zuletzt Anfang des Jahres mit dem zweiten Platz beim Deutschen Innovationspreis.
Wie kam es dann zur Übernahme durch Dräger?
Wir haben die erste Produktgeneration des Gasmessgeräts selbst produziert und in Deutschland vertrieben. Uns war früh klar, dass wir einen starken Partner benötigen, um High-Tech-Hardware in einem Nischenmarkt auf eine relevante Größe zu bringen. Zudem wollten wir 2016 eine zweite Finanzierungsrunde abschließen, um die Entwicklung einer neuen Produktgeneration mit industrieüblicher Explosionsschutzzertifizierung voranzutreiben. Durch Messeauftritte wurden Dräger und andere Wettbewerber früh auf uns aufmerksam – der Markt für Hersteller von portabler Gasmesstechnik für den Arbeitsschutz ist weltweit überschaubar.
Einige Gespräche und Verhandlungen später wurden wir uns Anfang 2017 einig. Dräger hat 51 % der Gesellschaftsanteile an bentekk von uns Gründern sowie den Investoren wie dem HTGF übernommen. Mit dem Deal haben wir zudem die weitere Finanzierung des Startups gesichert. Dräger hat von diesem Zeitpunkt an die Produktion und den internationalen Vertrieb und Service unserer Produkte übernommen. Die Mehrheitsübernahme durch einen Strategen war ein erfolgreicher Exit und der Verkauf der verbleibenden Gesellschaftsanteile an Meilenseine geknüpft. Die Voraussetzungen für Wachstum waren damit geschaffen.
Wie habt ihr die Zeit bei Dräger erlebt?
Wir haben in etwa 2,5 Jahren mit sehr vielen Abteilungen und Personen bei Dräger zusammengearbeitet, um das Produkt sowie die Gesellschaft in die Konzernprozesse zu integrieren. Dabei haben wir alle Beteiligten als professionell und ausnahmslos fair erlebt. Gemeinsam haben wir es geschafft die zweite Produktgeneration des Gasmessgeräts fertig zu entwickeln sowie zu zertifizieren, die Serienproduktion aufzubauen und das Produkt international zu launchen.
Das Dräger X-pid 9000 ist mittlerweile in mehr als 15 Ländern in Europa, Nordamerika, Australien und vereinzelt in Asien verfügbar. Etwa 50% des Umsatzes wird in den USA erzielt. Wir haben in den letzten Jahren viele Länder besucht, um das lokale Produktmanagement, den Vertrieb und Service zu schulen – eine Erfahrung, aus der wir sehr viel lernen konnten. Dräger erzielt mit unserem Produkt in diesem Jahr einen Umsatz im mittleren einstelligen Millionenbereich und kann diesen zukünftig deutlich steigern. Alle Beteiligten sind mir dieser Entwicklung sehr zufrieden und wir dankbar für das Vertrauen in unser Team.
Was hat dazu geführt, dass ihr das Unternehmen jetzt verlassen habt?
Nach fast sechs intensiven Jahren bentekk war es Zeit für etwas Erholung und neue Herausforderungen und die passende Zeit auszusteigen. Das Produkt und die Gesellschaft sind ausreichend in die Konzernprozesse integriert und können auch ohne uns weitergeführt werden. Anfang 2019 hatten wir die letzten Gesellschaftsanteile verkauft und waren seitdem nur noch angestellte Geschäftsführer. Obwohl wir weiterhin weitestgehend unabhängig im Tagesgeschäft entscheiden konnten, ist bei uns ist immer stärker die Idee der Auszeit gereift. Ende August sind wir nach einer sechsmonatigen Transferphase ausgestiegen und sehr froh darüber uns mit Dräger im Guten getrennt zu haben.
Wie geht es weiter mit bentekk und dem Team?
Das bentekk-Team ist immer vergleichsweise klein geblieben, da durch Dräger-Mitarbeiter notwendige Funktionen ausgefüllt werden konnten. Gleichzeitig mit uns gehen zwei unserer Mitarbeiter. Fünf weitere bentekk-Mitarbeiter bleiben an Bord und das Dräger-Management hat seinerseits Personal aufgebaut und verschoben, um uns zu ersetzen. Wir wünschen dem neuem Team alles Gute und viel Erfolg für die Zukunft.
Was sind eure Pläne für die Zukunft?
Wir werden eine Auszeit zum Reisen nehmen und jeweils etwas Neues lernen, für das in den letzten Jahren keine Zeit war. Konkrete Pläne für die Zeit danach gibt es noch nicht. Wir gehen davon aus, dass wir beide unternehmerisch tätig bleiben – in welcher Form auch immer.
Wenn ihr auf eure bisherige Startup-Karriere zurückblickt: Welche Tipps habt ihr für angehende Gründerinnen und Gründer? Was sollten sie unbedingt berücksichtigen und welche Fehler unbedingt vermeiden?
Die Zeit, die man mit dem Gründerteam verbringt, ist lang und intensiv. Uns ist es gelungen ein gutes Verhältnis zu wahren. Jeder Gründer sollte sich gut überlegen, ob und wie die Teamzusammensetzung langfristig halten kann. Wir sind als Anfänger in vielen Bereichen in unsere Gründung gestartet und würden natürlich beim zweiten Mal einige Dinge besser oder zumindest schneller machen. Es hat trotzdem geklappt und wir hoffen mit unserer Geschichte dem ein oder anderen Gründungsinteressierten Mut zu machen es mit einem eigenen Startup zu versuchen.
Vielen Dank für das Interview!