Appinio Corona Report: der Siegeszug des Onlinehandels
Seit März 2020 veröffentlicht das Hamburger Marktforschungs-Startup Appinio jede Woche seinen „Corona Report“. Die Studie beschäftigt sich mit den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf den Alltag und das Konsumverhalten der Bevölkerung in Deutschland. Wir haben uns die aktuellen Befragungen einmal genauer angeschaut und fassen die interessantesten Ergebnisse zusammen. Eine der wichtigsten Erkenntnisse: Die Beliebtheit von Online-Einkäufen hat massiv zugenommen.
Woche für Woche befragt Appinio in der Regel 1.000 Personen aus Deutschland zu aktuellen Themen rund um die Corona-Krise. Seit Beginn der Pandemie ist so einen Datensatz entstanden, der in seiner Fülle und Aussagekraft einmalig sein dürfte. Ein Vorteil ist die Schnelligkeit, mit der Appinio vorgeht. So stammt der Großteil der Zahlen, auf die wir uns in diesem Beitrag beziehen, aus Befragungen, die am 3. beziehungsweise 10. Dezember stattgefunden haben. Diese Aktualität ist deshalb bedeutsam, weil sich die Lage und die politischen Entscheidungen permanent ändern. Andererseits sind auch eine Reihe von Langzeitbetrachtungen recht aufschlussreich.
Der Onlinehandel boomt dank Corona
Fangen wir mit einem Thema an, das gerade für viele Startups besonders relevant sein sollte. Am 16. März haben die Bundesregierung und die Regierungen der Bundesländer die Schließung von Einzelhandelsgeschäften beschlossen, die nicht für den täglichen Bedarf relevant sind. Bereits am 18. startete Appinio seine erste Erhebung, damals mit 2.500 Personen im Alter von 15 bis 65 Jahren. Eine Frage von Beginn an lautete: „Hat sich dein Kaufverhalten im Internet (online) und in Geschäften (offline) durch das Coronavirus verändert?“ 23 % gaben an, mehr online zu kaufen und 21 % weniger offline. Zwei Wochen später lagen die Werte bereits bei 40 % beziehungsweise 31 %.
Der Wert von 40 % für die Online-Einkäufe wurde im Verlauf des Jahres kein einziges Mal mehr unterschritten, auch nicht in den relativ entspannten Sommerwochen. Höchstwerte in beiden Kategorien liefert der Dezember. Zuletzt gaben 56 % an, mehr online zu kaufen und 39 % weniger offline. Durch den erneuten Teil-Lockdown wird sich diese Tendenz sicherlich noch verstärken. Die Langzeitbetrachtung lässt zudem vermuten, dass die Verschiebung Richtung online auch nach Ende der Krise bis zu einem gewssen Grad Bestand haben könnte. Gute Perspektiven also für Startups, die Lösungen für die E-Commerce-Branche anbieten.
Die Digitalisierung des Gesundheitsbereichs schreitet voran
Ebenfalls eine beschleunigte Digitalisierung durch Corona erfährt der Gesundheitsbereich. 52 % der Befragten haben während der Krisenzeit mindestens einen digitalen Gesundheitsservice genutzt. Am häufigsten genannt wurde eine Online-Terminvereinbarung mit 30 %. Für 43 % davon war das eine Premiere. Steigender Beliebtheit erfreuen sich auch Apps, von Krankenkassen, zur Terminplanung sowie diverser kommerzieller Anbieter. Eine Online-Sprechstunde haben 9 % in Anspruch genommen 76 % davon zum ersten Mal. Die Telemedizin und ihre Begleiterscheinungen stecken noch in den Kinderschuhen, werden aber durch die Krise rasch populärer. Immerhin 47 % haben nämlich einmal oder sogar mehrmals Arztbesuche vermieden oder aufgeschoben, um das Ansteckungsrisiko zu verringern.
Ziemlich düster sieht es momentan für die Tourismusbranche aus. 84 % können sich gar nicht oder kaum vorstellen, die Feiertage für eine Urlaubsreise zu nutzen. 83 % tendieren ganz oder überwiegend zu der Empfehlung, die Skigebiete europaweit zu schließen. Das passt zur allgemeinen Einschätzung der Lage: 35 % bezeichneten sie am 10. Dezember als „sehr ernst“. Eine Woche zuvor waren es nur 22 %. Die meisten Sorgen bereitet die Ansteckungsgefahr für Familie und Freunde (52 %), gefolgt von den langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen (38 %) und dem Aussterben von Gastronomie und Kultur (36 %).
Beim Home Office ist noch Luft nach oben
Die häufigsten Maßnahmen nur Risikominimierung sind die drei neuen Klassiker Atemschutzmasken tragen, Hände waschen und Abstand halten. Das viel diskutierte Home Office bleibt dagegen bei Werktätigen ein Minderheitenthema. Nur 33 % arbeiten aktuell zumindest teilweise in den eigenen vier Wänden. Das waren während der ersten Corona-Welle schon deutlich mehr, nämlich bis zu 44 %. Wer sich auf den Weg zu seinem externen Arbeitsplatz machen muss, bevorzugt das Auto als das sicherste Transportmittel. 67 % schätzen U- und S-Bahn als „(überhaupt) nicht sicher“ ein, 64 % den Bus.
Kommen wir zum Schluss unserer Zusammenfassung noch einmal zum Kaufverhalten zurück, und zwar zu den häufiger und seltener gekauften Produkten. Je 23 % gaben an, mehr Obst und Gemüse zu kaufen, ebenfalls 23 % behaupteten, weniger Alkohol zu konsumieren. Einen Negativtrend gibt es bei fast allen länger haltenden Gütern, etwa bei Bekleidung (21 % kaufen weniger), Möbeln (20 %) oder Unterhaltungselektronik (17 %). Super laufen dagegen Hygieneprodukte wie Masken, Desinfektionsmittel oder Einweghandschuhe. Wer neu in den E-Commerce einsteigen möchte, sollte sich also genau überlegen, wo noch eine Marktlücke zu finden ist.
Der Appinio Corona Report enthält noch viele weitere aktuelle Informationen und erscheint nach wie vor immer am Montag – und zwar kostenlos! Mehr Infos dazu bekommt ihr hier.
Die Grafiken stammen aus den Appinio Corona Reports 38 und 39. Beitragsbild: Screenshot von der Appinio-Webseite.