Aller guten Dinge waren drei beim dritten Social StartUp Pitch
Die dritte und letzte Ausgabe des Social StartUp Pitch stand unter dem Motto „Soziale Innovation: Förderung, Vernetzung, Transformation“. Wie immer waren wir als Preisstifter mit dabei und haben uns die drei Kandidaten Lylu, Unruhestand Events und StattTour genau angeschaut.
Regelmäßige Leserinnen und Leser unseres Blogs wissen es längst: Der Social StartUp Pitch ist in diesem Jahr die digitale Version eines Events, das eigentlich im Rahmen der von Viva con Agua und dem FC St. Pauli initiieren Millerntor Gallery hätte stattfinden sollen. Das Team von Social Startup X, das den Pitch organisiert, hat den Wettbewerb einfach ins Internet verlegt und strahlte ihn bei ONE Hamburg aus, dem als Reaktion auf die Corona-Krise entstandenen Social-TV Sender für und aus der Hansestadt. In Folge eins ging es um Plastik, in der zweiten Folge um Fair Fashion. Wer sich beim dritten Streich mit dem Thema „Soziale Innovation“ präsentierte, erfahrt ihr jetzt!
Lylu will Senioren die Internetnutzung erleichtern
Nur etwa die Hälfte aller Personen in Deutschland, die über 70 Jahre alt sind, nutzt das Internet. Zu kompliziert, ist die häufigste Begründung für diese ernüchternde Zahl. Dabei hat sich gerade in der Corona-Krise gezeigt, wie wichtig das Internet für Kommunikation, Information und Handel sein kann. Die Inspiration für das Darmstädter Startup Lylu, das er zusammen mit Felix Beinenz gegründet hat, erhielt Vitalij Hilsendeger allerdings schon viel früher. Damals ging eine wahre Geschichte viral, in der ein alter Mann per ausgehängtem Zettel zu Weihnachten Gesellschaft suchte. Über das Internet wäre das viel eigentlich viel erfolgversprechender, aber für viele Ältere ist eben die Eintrittsbarriere zu hoch.
Um diese abzubauen, hat Lylu eine Tablet-App entwickelt, die populären Webseiten eine genormte Darstellung verpasst und dabei ihre Nutzung vereinfacht. Zwei Jahre Entwicklungsarbeit stecken in der Software, ihre Tauglichkeit haben Testläufe mit Senioren bestätigt. Die eigene Webseite spricht aber eher jüngere Leute an, die ihre Eltern und Großeltern für das Internet begeistern wollen. In vier bis sechs Wochen soll die App für zehn Euro pro Monat erhältlich sein, mit Web-Klassikern wie YouTube und Wikipedia und einigen Medienpartnern. ARD und ZDF gehören zunächst nicht dazu. Später sollen Telegram als Kommunikations-Tool, Gmail und eine Fotofunktion dazukommen, auch Shoppingpartner werden noch gesucht.
StattTour veranstaltet Stadttouren aus der Rollstuhlperspektive
1,5 Millionen Menschen sind in Deutschland auf einen Rollstuhl angewiesen. Mehr und mehr stellt sich die Gesellschaft darauf ein; so sind von 93 Hamburger U-Bahn-Stationen inzwischen 79 barrierefrei, Tendenz weiter steigend. Trotzdem ist es bis zur vollständigen Inklusion noch ein weiter Weg. Das Projekt StattTour bietet die Möglichkeit, einige der schönsten Ecken der Hansestadt aus der Rollstuhlperspektive zu erleben und dabei auch mit den Problemen konfrontiert zu werden, die sich dabei ergeben. Die Tourguides sitzen selbst im Rollstuhl, genau wie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die Dauer der Tour, wobei sie sich abwechseln, denn für maximal zwölf Personen stehen sechs Rollstühle zur Verfügung.
Hinter StattTour steckt eine Gruppe von Studierenden, die sich 2017 gebildet hat und momentan elf Mitglieder hat. Drei Preise konnte das Projekt schon gewinnen und einige Fördergelder. Die sind auch wichtig für die Weiterentwicklung, weil das aktuelle Angebot noch nicht ausreicht, um kostendeckende Einnahmen zu generieren. Zurzeit ist nur ein Guide am Start, der eine von persönlichen Erlebnissen geprägte Tour vom Baumwall durch Speicherstadt und HafenCity bis zum Rathausmarkt durchführt. Das Team von StattTour hofft aber, bei entsprechender Nachfrage bald weitere Stadtbesichtigungen per Rollstuhl offerieren zu können.
Unruhestand Events organisiert zeitgemäße Veranstaltungen für Senioren
Wer sich unter Veranstaltungen für Senioren nur Bingoabende und Schlagerfestivals vorstellen kann, kennt die heutige ältere Generation schlecht. Längst fahren ganze Gruppen aus Wohnheimen zum Heavy-Metal-Festival nach Wacken. Das Startup Unruhestand Events greift diese Entwicklung auf und macht sich daran, Veranstaltungsprogramme für Seniorenresidenzen zu entstauben. Leider haben die Gründerinnen Jessica Noeller und Marleen Schenk den denkbar schlechtesten Zeitpunkt für den Start ihres Unternehmens erwischt. Corona machte zunächst alle Arten von Events unmöglich, erst recht für die Risikozielgruppe der Älteren.
Einen ersten Ausweg aus dieser Misere boten sogenannte Balkonkonzerte. Dafür stellen sich Sängerinnen und Sänger vor ein Wohnheim und die Bewohner hören von ihren Balkonen aus zu. Immerhin war in der härtesten Lockdown-Phase das Wetter meist gut genug für so eine Darbietung. Inzwischen ist bekanntlich wieder mehr möglich. Die infrage kommenden Einrichtungen haben in der Regel Budgets für solche Events. Ansonsten sind natürlich Sponsoren willkommen, vor allem bei Veranstaltungen für ältere Menschen, die noch in ihren eigenen Wohnungen leben. Zumindest an Ideen ist bei Unruhestand Events kein Mangel.
StattTour ist jetzt Mitglied im Hamburg Startups Club
Nach den drei Pitches, jeweils gefolgt von vertiefenden Fragerunden, lag die Entscheidung über den Tagessieger beim Facebook-Publikum. Das gab ein eindeutiges Votum ab. 70 % der Stimmen entfielen auf StattTour. Als Preis erhält StattTour unter anderem eine Jahresmitgliedschaft in unserem Hamburg Startups Club. Welche Vorteile der bietet, könnt ihr hier nachlesen.