Allein unter Frauen – ein Erlebnisbericht vom Ladies Dinner
Frauen in der Startup-Szene – manche (Männer) finden das nach wie vor exotisch. Völlig zu unrecht natürlich, denn mehr und mehr Gründerinnen sind mit ihren Unternehmen erfolgreich. Trotzdem stellen sie leider immer noch eine Minderheit dar, es sei denn, das Ladies Dinner steht auf dem Programm, dann sind sie ganz unter sich. Oder zumindest fast.
Ob ich Lust hätte, an einem Ladies Dinner teilzunehmen und darüber zu berichten, wurde ich gefragt. Klar, wenn die Damen damit einverstanden seien, gerne! Und das waren sie, auch wenn es einige etwas überraschte, mich bei diesem Event zu sehen, und mich eine Teilnehmerin fragte, ob ich mir etwas hätte abschneiden müssen, um dabei sein dürfen.
Denn eigentlich liegt es in der Natur der Sache, dass beim Ladies Dinner Frauen unter sich bleiben. Nicht, um irgendeine feministische Verschwörung anzuzetteln, sondern um sich ungestört austauschen zu können, ungestört von notorischen Platzhirschen, die leider auch in der fortschrittlichen Startup-Welt immer noch anzutreffen sind.
Erfunden in Berlin, zum dritten Mal in Hamburg
Erfunden hat das Format Verena Pausder, Gründerin des erfolgreichen Berliner Startups Fox & Sheep, das Apps für Kinder entwickelt. Das erste Dinner in Hamburg hat sie noch organisiert und es dann an Hamburg Startups Mitgründerin Sanja Stankovic abgegeben. Von Angang an als Sponsor dabei war die Beratungsfirma KPMG, so auch am letzten Mittwoch in Hamburg, vertreten durch Stefanie Hagenmüller, die als Senior Managerin auch die Interessen von Startups vertritt.
Amazon Web Services war als weiterer Host des Abends mit an Bord, repräsentiert von Sandra Schädel, die extra aus Berlin anreiste mit dem Ziel, die Hamburger Gründerinnen besser kennenzulernen. Die „Klappe„, die zurzeit ihren Mittagstisch im il Garage anbietet, ist auch als Caterer zu haben und war für das Menü des Abends zuständig.
Natürlich wäre die Hamburg-Ausgabe des Ladies Dinner ohne die Unterstützung von Hamburg Startups nicht möglich (und auch dieser Beitrag nicht – ob das ein Verlust wäre, sollen andere beurteilen). Sanja Stankovic hat kein feines Restaurant gewählt, sondern mit il Garage eine Weinbar, die tatsächlich schon als Garage gedient hat. Ziemlich passend, wenn man bedenkt, dass innovative Unternehmen als Garagenfirmen bezeichnet wurden, lange bevor es den Begriff Startup gab.
Gespräche bei einem Gläschen Sekt oder Suppe
So, jetzt aber ran an die Gläser! In den meisten ist Cremant, in einigen Wasser, doch dann werden auch welche dargeboten, in denen sich eine orangene Flüssigkeit befindet. Ein besonderer Cocktail? Nein, der erste Gang, eine Kürbis-Kokos-Suppe, die im Stehen geschlürft wird. Es sitzt nämlich noch kaum jemand. Die Ladies sind, anders als bei früheren Treffen, nicht an eine Sitzordung gebunden, was es noch leichter macht, miteinander ins Gespräch gekommen.
Leise geht es dabei gewiss nicht zu, ziemlich laut sogar, aber es gibt auch viel zu erzählen. Da die Teilnehmerinnen aktiv im Berufsleben stehen, geht es bei fast allen Gesprächen zuerst darum, was gerade im Job passiert und welche Veränderungen anstehen. Julia Oertel beispielsweise hat kürzlich die Geschäftsführung des betahauses übernommen (zusammen mit einem Kollegen, aber der war aus geschlechtsspezifischen Gründen natürlich nicht da).
Jenni Schwanenberg, eben noch eine treibende Kraft beim next media accelerator, ist jetzt Head of Communications bei Flio (macht eine Flughafen-App), und wer sie kennt, weiß, das diese Position wie für sie geschaffen ist. Heide Peuckert und ihr Team, die das Startup Weekend Women dieses Jahr zu einem der erfreulichsten Events des Jahres gemacht, basteln schon an einem neuen Format, das thematisch mit der Reeperbahn zu tun haben wird; mehr wird noch nicht verraten.
Kein Geheimnis dagegen, dass Freya Oehle eine der erfolgreichsten weiblichen Gründerinnen ist, um diesen beliebten Pleonasmus hier auch mal zu verwenden. Deshalb wurde sie auserkoren, ein wenig aus dem Startup-Nähkästchen zu plaudern. Natürlich musste auch sie mit den üblichen Klischees kämpfen. Dass sich ihr Unternehmen Spottster mit Shopping befasst, passt ja noch ins Frauenbild, dass es aber primär datengetrieben ist, eher nicht.
Von Löwen und Trüffelschweinen
Niedrige Erwartungshaltungen lassen sich hervorragend nutzen, um sie dann umso bravuröser zu übertreffen, meint Freya, die auch schon in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ aufgetreten ist und dort so einiges erlebt hat. Hat ja am Ende mehr genutzt als geschadet, und überhaupt sei die Zeit für Frauen als Gründerinnen noch nie so gut gewesen wie jetzt, frau müsse nur manchmal ihr eigenes Trüffelschwein sein und sich selbst entdecken.
Womit wir wieder beim Essen wären. Als Hauptgang gab es, und das zitiere ich jetzt in voller Länge aus der Speisekarte, Roastbeef Braten mit gebratenen Drillings Kartoffeln, Pastinaken Püree, Brokkoli mit Mandelbutter und Spitzkohl. Außerdem noch eine vegane Blätterteigrolle, die ziemlich schnell vergriffen war. Und um das Thema dann endgültig abzuschließen: Als Nachtisch stand Flan auf dem Plan.
Starke Frauen mit großen Zielen
Frauen mit Visionen sind auch das Thema von Farina Fraatz und ihrer Plattform Neuerin. Dort stellt die Architekturstudentin in Videos bemerkenswerte Frauen vor, und auch beim Ladies Dinner waren noch viele von ihnen zu Gast, nur reicht leider die Zeit nicht, sie alle gebührend vorzustellen. Brauchen die überhaupt eine solche Veranstaltung, könnte man fragen.
Diese Frage haben sich auch einige der Teilnehmerinnen gestellt, die sonst kein Problem haben, sich in der Männerwelt zu behaupten. Und trotzdem mit „Ja“ geantwortet. Die Gespräche seien einfach direkter, ehrlicher, weniger auf Machtspiele ausgerichtet. Ob Studentin, junge Gründerin, Geschäftsführerin oder erfahrene Investorin; hier versucht keine, sich über die anderen zu erheben.
Und Männer, waren die überhaupt ein Thema? Schon, zum Ende hin, nach dem einen oder anderen Glas Wein. Allerdings nicht so wie in schlechten Filmkomödien, wo einsame Karrierefrauen nach Traumtypen schmachten. Hier wurde ordentlich abgelästert, nicht über den Mann an sich, sondern über ganz bestimmte Exemplare. Und da gibt es einige, die, seien wir ehrlich, das auch verdient haben.
Der Dank für die tollen Fotos geht an eine weitere erfolgreiche Frau, nämlich an Rieka Anscheit.
Folgende Ladies waren beim Dinner dabei:
Hosts:
Sanja Stankovic, Mitgründerin Hamburg Startups
Stefanie Hagenmüller, Senior Manager KPMG
Sandra Schädel, BDM Startup Ecosystem Amazon Web Services
Guests:
Andrea Noelle, Co-Founder beliya
Carolin Neumann, Gründerin Jouvenir
Caroline Schimpeler, Rechtsanwältin in den Bereichen M&A/Gesellschafts- und Handelsrecht, ab Januar Staatsanwältin in Hamburg
Christiane Brandes-Visbeck, Quartierleiterin Digital Media Women Hamburg
Farina Fraatz, Gründerin Neuerin.com
Franziska von Lewinski, Digital Vorstand Fischer Appelt
Freya Oehle, Gründerin Spottster.com
Heide Peuckert, Initiatorin & Organisatorin Startup Weekend Women Hamburg
Inna Plachotny, Investment Manager H2 Investments
Jeanette Gonnermann, stellv. Geschäftsführerin Handelskammer Hamburg
Jennifer Schwanenberg, Head of Communication Flio
Julia Oertel, Geschäftsführerin betahaus Hamburg
Katharina Walter, Gründerin Findeling
Katharina Wolff, Geschäftsführerin premium consultans
Marie-Lene Arminen, Mitgründerin SofaConcerts
Meike Neitz, Business Development/Kommunikation, Vural Öger Firmengruppe
Rieka Anscheit, Gründerin RiekasPix
Sandra Fisher, Principal & Investment Manager iVentureCapital GmbH
Sina Gritzuhn, Founder Hamburg Startups
Soraya Kuehne, Geschäftsführende Gesellschafterin Paperlux
Nicole Mai, Mitgründerin Saal ZWEI
Veronika Reichboth, Projektmanagerin nextMedia
Veronika Rost, Geschäftsführerin Diageo
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!