Akanoo – über subtile Anreize und die Gefahr der Selbstüberschätzung
Akanoo versucht, Besucher von Onlineshops mit dem richtigen Kaufanreiz im richtigen Moment zu überzeugen. Und das auf subtile Weise, denn auf Großspurigkeit verzichtet das Hamburger Startup gerne. Schließlich hat Mitgründer Jan-Paul zum Thema „Selbstüberschätzung bei der Innovationsbewertung“ promoviert.
Entstanden ist die Idee zu Akanoo vor mehr als vier Jahren. Damals war der Mitgründer und Wirtschaftsinformatiker Moritz Schott Marketingchef bei der Kennenlern-Plattform MeetOne und konnte dank eines Deals mit Pro 7 viel Geld in Werbung investieren. Mit bescheidenem Erfolg, es fehlte einfach an Informationen, wie sich potenzielle Kunden verhalten und auf welche Werbeimpulse sie reagieren.
Wie ich den Kunden dazu bringe etwas zu wollen
Dieses Problem diskutierte er mit dem erfahrenen Softwareentwickler Fabian Gebert, der noch den Marktforschungsprofi Jan-Paul Lüdtke mit ins Boot holte. Zusammen entwickelten sie das Konzept für Akanoo. Ziel war es herauszufinden, wie sich Besucher eines Onlineshops auf der Webseite verhalten, um ihnen daraus abgeleitet dann Inhalte anzubieten, die sie zu einem Kaufabschluss oder anderen Interaktionen animieren.
Das geschieht ziemlich subtil und garantiert nicht durch aufdringliche Pop-ups oder ähnliches. Rabatte und andere Vergünstigungen funktionieren fast immer, maßgeschneiderte Empfehlungen, basierend auf bisherigen Käufen und Interessen, ebenfalls. Was dagegen kaum Erfolg hat, sind standardisierte Angebote, die nicht auf den jeweiligen Nutzer zugeschnitten sind. Was klappt und was nicht, hat das Team anfangs durch Versuch und Irrtum herausgefunden, basierend natürlich auf Fachwissen.
Inzwischen hat Akanoo reichlich Erfahrungswerte gesammelt und die Algorithmen entsprechend verfeinert. 20 Mitarbeiter kümmern sich mittlerweile um rund 40 Kunden, aktuell zum Beispiel C&A und brands4friends. Bisher hat sich seit Bestehen noch in jedem Jahr der Umsatz mehr als verdoppelt. Der kommt nicht nur aus deutschsprachigen Ländern, sondern auch beispielsweise aus Großbritannien und Frankreich. Allein für den französischen Markt beschäftigt das Unternehmen zwei Muttersprachler.
Akanoo steht finanziell auf festen Beinen
Das Startup, das inzwischen profitabel arbeitet, ist über ein Family Office finanziert. Zustande kam der Kontakt über die TU Hamburg, an der sowohl Jan-Paul als auch Fabian studiert haben (Moritz hat das in Würzburg getan). Beste Voraussetzungen also, um das Geschäft weiter auszubauen. Akanoo möchte neue Branchen für sich gewinnen, beispielsweise Reise, Finanzen oder Automobile. Dabei geht der Service weit über die Bereitstellung der Software hinaus. Akanoo kümmert sich auch um die Konzipierung und Planung der Kampagnen und arbeitet bei Bedarf mit schon involvierten Agenturen eng zusammen.
Sinnvoll ist der Service für Webseiten, die mindestens 50.000 Besucher pro Monat haben, ansonsten ist die zu analysierende Datenmenge zu gering. Für kleine Händler mit zehn zahlenden Kunden die Woche lohnt es sich also nicht, obwohl vielleicht einige von ihnen der Meinung sind, bald in ganz andere Dimensionen vorstoßen zu können. Mit Selbstüberschätzung kennt Jan-Paul sich aus, er hat im Rahmen seiner Doktorarbeit zu dem Thema geforscht. Der genaue Titel seiner Dissertation lautet „Selbstüberschätzung bei der Innovationsbewertung.“
Selbstüberschätzer gefährden das Team
Die soll ja gerade in Startup-Kreisen durchaus vorkommen, deshalb haben wir Jan-Paul zu seinen Erkenntnissen etwas genauer befragt. Bevor er mit seinen Forschung begann, hatte er bereits für Konzerne in Innovationsprojekten gearbeitet und dabei festgestellt, dass Wunsch und Wirklichkeit oft auseinanderklafften. Dabei kam es gar nicht so sehr auf den tatsächlich Innovationsgrad einer Idee oder eines Produktes an. Der ist für Erfolg nicht so entscheidend, wie viele denken. Vielmehr wollte Jan-Paul wissen, welchen Einfluss Selbstüberschätzer auf die Gruppendynamik haben.
Dafür hat er Gruppen zusammengestellt und sich Teilnehmer mit leichtem Hang zum Größenwahn geradezu herangezüchtet. Diesen Personen hat er Aufgaben gestellt und sie unabhängig vom Ergebnis ausdrücklich gelobt, so lange, bis das dadurch entstandene Selbstbild deutlich von der Fremdwahrnehmung und der Realität abwich. Mit dem Resultat, dass die überselbstbewussten Probanden versuchten ihre Gruppen zu dominieren.
Eine mögliche Folge wäre es nun, dass die Selbstüberschätzer tatsächlich eine akzetierte Führungsrolle übernehmen und sagen, wo es lang geht. Auch wenn das wahrscheinlich in die falsche Richtung führen wurde. Im Gegensatz dazu hat Jan-Paul festgestellt, dass die anderen Teammitglieder eher auf stur schalten, wichtige Informationen für sich behalten und überhaupt die interne Kommunikation einschränken.
Die wichtigsten Erkenntnisse seiner Forschung passen in jedes Handbuch über Gründungskultur. Demnach funktioniert ein gutes Team nur, wenn jeder die Meinung der anderen ernst nimmt. Wenn die Mitglieder unterschiedliche, sich ergänzende Fähigkeiten besitzen und die Entscheider, darauf achten, Leute zu engagieren, die etwas können, was sie selbst nicht können. Niemand sollte seine Fähigkeit überschätzen, die Zukunft vorherzusagen. Und Alleingänge können nie so erfolgreich sein wie in der Gruppe diskutierte Entscheidungen.
Die E-Commerce-Dienstleister sind gut vernetzt
An Alleingängen ist auch Akanoo nicht interessiert. Regelmäßig trifft man sich mit anderen Hamburger Unternehmen, die ebenfalls als E-Commerce-Dienstleister am Start sind, etwa Shipcloud, Gpredictive oder Picalike. Der Zusammenhalt in der Szene ist also gut, sodass Jan-Paul nur eine kleine Bitte an den Standort Hamburg hat. Eine von der Stadt subventionierte Proficard für den öffentlichen Nahverkehr könnte Fachkräften einen zusätzlichen Anreiz bieten in der Hansestadt zu arbeiten. Und mit zusätzlichen Anreizen kennt sich Akanoo bekanntlich aus.
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