Aircraft Interiors Expo – was bringt die Zukunft des Fliegens?
Heute geht in Hamburg die Aircraft Interiors Expo zu Ende, eine der weltweit wichtigsten Messen der Luftfahrtindustrie. Das Event unterstreicht einmal mehr die Bedeutung der Branche für den Wirtschaftsstandort. Zu den zahlreichen Programmpunkten gehörte eine Diskussionsrunde über die Zukunft des Fliegens, veranstaltet vom Airbus BizLab. Die haben wir uns mal genauer angeschaut um zu erfahren, welche Rolle Startups dabei spielen können.
Bereits am Montag startete in der Messe Hamburg die Passenger Experience Week, die gleich vier Messen vereinigt. Kernstück ist die Aircraft Interiors Expo (AIX), die sich vor allem mit der Kabine, also der Innenausstattung von Flugzeugen beschäftigt. Seit 2002 findet sie in der Hansestadt statt und hat sich zur größten ihrer Art entwickelt. Dieses Jahr waren über 550 Aussteller aus aller Welt dabei, über 16.000 Besucher wurden erwartet.
Ein Höhepunkt der AIX ist stets die Verleihung der Crystal Cabin Awards in acht Kategorien. Die meisten Gewinner kommen von großen Unternehmen und Fluggesellschaften. 2019 waren das Airbus, Air New Zealand, zweimal Collins Aerospace, Recaro, die TU Delft und United Airlines. Immerhin ein Startup hat es in diesen illustren Kreis geschafft: Paperclip Design aus Hongkong. In der Kategorie „Visionary Concepts“ überzeugte es mit einer flexiblen Lösung für die Ausstattung der ersten Klasse.
Paperclip Design gehörte zu den ersten Jungunternehmen, die es in das Airbus BizLab geschafft haben. Über dieses Förderprogramm von Airbus für Startups haben wir schon mehrfach berichtet, unter anderem hier. Mittlerweile durchläuft schon die vierte Welle von Startups das Programm. Die Luftfahrtbranche bietet nach wie vor eine Fülle an Themen, die findige Gründerinnen und Gründer in Geschäftsmodelle umwandeln können. Einige Anregungen lieferte zum Beispiel das vom BizLab veranstaltete Panel „Future of flight: Is it only a question of technology?“
Fliegen ist nicht mehr unumstritten, das Wachstum aber ungebrochen
Fliegen galt lange als die Erfüllung eines Menschheitstraums. In Zeiten, in denen der Klimawandel und Maßnahmen, um ihn zumindest abzumildern, immer intensiver diskutiert werden, hat sich diese Betrachtungsweise geändert. Immer häufiger wird der Ruf laut, auf Flugreisen zu verzichten. Die aktuellen Zahlen weisen allerdings in eine ganz andere Richtung. Taco Stouten, bei Airbus Teil des Cabin Innovation Teams, berichtete für 2018 von einer Steigerung der Passagierzahlen um vier Prozent gegenüber dem Vorjahr. Rund vier Milliarden Flugtickets wurden insgesamt verkauft. Wenn die Entwicklung so weitergeht, wird sich die Zahl innerhalb der nächsten 15 Jahre verdoppeln.
Treibende Kraft sind hier vor allem ehemalige Entwicklungs- und Schwellenländer, deren Einwohner zu immer mehr Wohlstand gelangen und sich entsprechend häufiger Flugreisen leisten können. Thomas Lloyd vom Startup 10xBeta nannte als mögliche Alternative zum Flugzeug den von Elon Musk entwickelten Hyperloop. Ob und wann das System, bei dem Passagiere in Röhren annähernd in Schallgeschwindigkeit von einem Ort zum anderen flitzen, tatsächlich massentauglich sein kann, steht allerdings in den Sternen.
Jeder Passagier verursacht 1,4 Kiliogramm Müll
Ein anderes Problem sollte dagegen viel schneller gelöst werden. Jeder Fluggast verursacht bei jeden Flug ungefähr 1,4 Kilogramm Müll. Was für gewaltige Müllberge da jedes Jahr entstehen, kann jeder leicht ausrechnen. Hier könnten Startups auf vielfältige Weise ihre Innovationskraft und Kreativität ausspielen. Weniger aufwendige Verpackungen, Materialalternativen zu Plastik, besseres Recycling, effizientere Planung, was Passagiere an Bord überhaupt brauchen und wollen – Ansätze zur Müllvermeidung gibt es genug.
So wichtig diese ökologischen Themen auch sind – bei der AIX steht dann doch der Komfort der Fluggäste im Vordergrund. Der beginnt und endet nicht zwangsweise jeweils am Flughafen. Zu einem Wettbewerbsvorteil für eine Airline könnte es werden, wenn sie einen kompletten Mobilitätsservice quasi von Tür zu Tür anbietet. Vielleicht mit autonomen Fahrzeugen, die die Kunden zu Hause abholen und am Zielort zum Hotel fahren. Ob sich autonomes Fahren allerdings grundsätzlich durchsetzen wird, zweifelte unter anderem der Business-Anthropologe Heinrich Schwarz an. Er nannte als wichtigen Trend den Wunsch nach mehr analogen Erlebnissen und Authentizität im Digitalzeitalter. Beides bieten selbstfahrende Autos eher nicht.
Eine Flugreise ist wie ein Sozialexperiment
Schwarz wies auch darauf hin, das eine Flugreise auch immer ein kleines Sozialexperiment ist. Schließlich kommen hier wildfremde Menschen auf engsten Raum zusammen. Wenn man bedenkt, dass Fliegen für viele auch Stress bedeutet, läuft das fast immer erstaunlich friedlich ab. Es gibt aber viele Ansatzpunkte, das Flugerlebnis noch angenehmer zu machen. Bei der Gestaltung der Sitze etwa oder der Möglichkeit, Food-Souvenirs zu verstauen, ohne dass diese Schaden nehmen. In China ist das ein wichtiges Thema. Auch die Vernetzung der verschiedenen Kommunikationskanäle an Bord ist noch ausbaufähig und bietet Potenzial für neue Geschäftsmodelle.
So lässt sich schließlich das Fazit ziehen, dass in der Luftfahrtindustrie noch viele Verbesserungen möglich und notwendig sind. Hamburg als drittgrößter Standort weltweit bietet dafür beste Chancen, auch und gerade für Startups.