AiDiA 2.0 – die Zukunft Schwarzen Unternehmergeistes
AiDiA, der erste Pitchwettbewerb für afrodeutsche Gründerinnen und Gründer, war eine der großen Überraschungen und ein Höhepunkt des Hamburger Startup-Jahres 2022. Jetzt stand die zweite Ausgabe auf dem Programm und eines wurde klar: Das AiDiA-Team hat gerade erst angefangen!
„Forward ever. Backward never.“ So lautete das Motto von AiDiA 2023. Das Zitat stammt von Kwame Nkrumah, dem ersten Präsidenten Ghanas. Ein in mehrfacher Hinsicht passender Slogan für ein Event, bei dem es um innovative Startups und die Sichtbarmachung Schwarzer Exzellenz ging. War schon die AiDiA-Premiere vor genau einem Jahr ein großer Erfolg, so sollte Version 2.0 noch einen draufsetzen – das war der Plan. Bei der Publikumsresonanz klappte das schon mal, rund eine Woche vor dem Veranstaltungstermin hieß es: „Ausverkauft!“ Prominente Unterstützung bekam das Event von der Eröffnungsrednerin Aminata Touré, Sozialministerin von Schleswig-Holstein und erste Afrodeutsche in einem solchen Amt. Sie betonte, wie wichtig es sei, Gegenbilder zu rassistischen Stereotypen zu zeigen. Erfolgreiche Schwarze Gründerinnen und Gründer sind dafür besonders gut geeignet, und davon gab es reichlich an diesem Abend.
Beim Ideenpitch setzte sich ein Hamburger Startup durch
Bei AiDiA gibt es zwei Kategorien. In der ersten, dem Ideenpitch, präsentieren sich Startups, die gerade erst im Entstehen sind. So wie Enertable, das eine Lösung für die Energie- und Wasserversorgung entwickelt. Hunderte Millionen Menschen in Afrika sind nur unzureichend oder gar nicht an entsprechende Versorgungsnetze angeschlossen. Umgebaute Schiffscontainer sollen hier Abhilfe verschaffen. Bisher gibt es nur 3D-Modelle, erste Prototypen könnten in Tansania eingesetzt werden.
Haarig ging es bei den beiden anderen Präsentationen dieser Kategorie zu. Bei vielen Frisuren von Schwarzen Frauen kommt Kunsthaar zum Einsatz. Leider besteht das bisher aus Plastik, was nicht nur umweltschädlichen Müll verursacht, sondern auch Giftstoffe enthält, die Hautirritationen auslösen können. Kynd Hair entwickelt pflanzenbasiertes Kunsthaar, das den Weltmarkt erobern soll. Dafür müsste aber wohl der Preis noch sinken. Die aktuell angepeilten 20 Euro pro Packung – und man benötigt mindestens vier – lösten im Publikum ein Raunen aus. Für den zweiten Preis in Höhe von 1.000 Euro beim Ideenpitch reichte es aber.
Platz 1 und damit 2.000 Euro sicherte sich Fades & Braids aus Hamburg. Da mag Lokalpatriotismus eine kleine Rolle gespielt haben, wichtiger war aber sicherlich die technologische Expertise, die das Startup ins Spiel bringt. Für die realistische Darstellung verschiedene Frisurtypen verwendet es nämlich künstliche Intelligenz. Außerdem soll die App, die sich noch in der Entwicklungsphase befindet, einen Marktplatz bieten für Friseursalons, die wissen, wie Schwarzes Haar zu behandeln ist.
Nachhaltige Geschäftsideen und Spaß mit Sprachen beim Gründerpitch
Zum Gründerpitch treten bei AiDiA Startups an, die schon ihre ersten Schritte hinter sich haben. Die meisten Finalisten standen allerdings auch ziemlich am Anfang, bei einigen startet demnächst eine Crowdfunding-Kampagne. So auch bei RasaTabula, das ein weiteres Plastikmüll-Problem lösen will, Vielen ist gar nicht bewusst, das Fußbälle schon lange nicht mehr aus Leder bestehen, sondern aus Kunststoff. Rasa Tabula stellt nun eine plastikfreie Alternative her, zurzeit noch in Handarbeit. AiDiA definiert sich zwar ursprünglich als Startup für Afrodeutsche, ließ dieses Jahr aber auch internationale Kandidaten zu, zum Beispiel Cloudoplex aus den Niederlanden. Das hilft mit seiner Software Nimbus Unternehmen, bei der Beschaffung von Rohstoffen Sozial- und Umweltkriterien zu berücksichtigen und gleichzeitig kostengünstig zu agieren.
Platz 3 beim Gründerpitch, dotiert mit 5.000 Euro, ging erneut an ein Startup, das sich mit Haaren beschäftigt, genauer gesagt, mit deren Pflege. IVY POW wird, wenn es demnächst nach hoffentlich erfolgreicher Crowdfunding-Kampagne in den Markt eintritt, zwei Produkte anbieten: eines für glattes bis welliges und eines für lockiges und krauses Haar. Der Clou: IVY POW verwendet ein Pulver, das man in einer wiederverwendbaren Flasche mit Wasser vermischt. Auch hier ist wieder Plastikvermeidung das Thema.
Die beste Stimmung verbreiteten Akwasi Badu-Aning und Sedi Oben-Torks bei ihrem Pitch. Immer wieder gab es Szenenapplaus und Lachen, kleine technische Pannen hoben eher noch die Stimmung. Einmal bewegten sie sogar das Publikum dazu, sich von den Plätzen zu erheben. Der Auslöser für die Begeisterung war die Sankofa Sprachschule, die Kurse für eine Reihe von afrikanischen Sprachen anbietet und dabei auch Kulturen nahebringt. Als praktisches Beispiel nannten sie das in Deutschland aufgewachsene Kind, das beim Besuch der Großmutter in Afrika ihre Sprache sprechen kann. Auch die Jury war angetan und belohnte das Duo mit dem zweiten Platz und 15.000 Euro.
Kwame AI gewinnt den Hauptpreis bei AiDiA
Den Gesamtsieg, verbunden mit 30.000 Euro und zahlreichen Sachpreisen (wie bei den anderen Gewinnern auch), holte sich ein anderes Duo: Dr. George Jojo Boateng und Victor Kumbol. Sie vertraten Kwame AI, ein Startup, das, wie der Name nahelegt, künstliche Intelligenz einsetzt – neben der Beschäftigung mit Haaren offensichtlich eines der Erfolgsrezepte des Abends. Mit ihrer Lösung EsqAI möchten sie die Recherche zu juristischen Fragen beschleunigen und vereinfachen. Gesetztestexte sind bekanntlich besonders umfangreich und kompliziert. Im Beta-Test hat das schon hervorragend geklappt und einige Auszeichnungen hat Kwame AI, beheimatet in der Schweiz und in Ghana, auch schon bekommen. Jetzt ist mit AiDiA eine weitere hinzugekommen.
AiDiA wird noch größer
Das waren die Startups, die mit ihren Pitches begeisterten, aber längst noch nicht alles, was AiDiA zu bieten hatte. Da waren noch die Vorjahressieger Isopterra und Oheema Green Housing, die von ersten Bauprojekten in Afrika berichten konnten. Jakob Berndt, einer der Gründer von Tomorrow, hielt eine Keynote über nachhaltiges Unternehmertum, Sänger Sedric Perry sorgte für den Groove und Comedian Captain Khalid für Lachsalven. Dazu gab es afrikanische Köstlichkeiten, coole Drinks, heiße Musik und beste Gelegenheiten zum Netzwerken.
Und es geht weiter voran bei AiDiA. Die Initiatorin Lucy Larby gab einen Überblick über die Pläne des Teams. Demnach wird AiDiA zukünftig auf drei Säulen stehen. Die erste nennt sich „Events & Visibility“ und beinhaltet den bewährten Pitchwettbewerb. Der wird idealerweise eingebettet sein in eine „Cultural Marketing & Business Convention“, die unterschiedliche Kulturen zusammenbringt. Dort wird dann auch der „Black Achievement Award“ verliehen. Die zweite Säule heißt „Education & Consulting“ und besteht aus Startupförderung und Unternehmensberatung. Bei „Community & Exchange“ schließlich geht es um eine Business-Plattform namens „The Lounge“, deren Mitgliedschaft eine Reihe von Vorteilen und Vergünstigungen bringen soll. Man darf gespannt sein, wie sich das alles entwickelt. Der Termin für den nächsten Pitch steht jedenfalls schon fest: Es ist der 7. September 2024.