In der Höhle der Löwen – Interview mit Alex Djordjevic von Foodist
Vor zwei Wochen konnte Deutschland zusehen, wie das Hamburger E-Commerce Startup Foodist selbstbewusst und versiert Löwen die Stirn geboten hat. In der Vox-Serie ‘Die Höhle der Löwen’ präsentierten sich insgesamt in neun Folgen 57 Startups den fünf anspruchsvollen und manchmal bissigen Jury-Mitgliedern Lenke Wischhusen, Frank Thelen, Vural Öger, Jochen Schweizer und Judith Williams. Alle samt Unternehmer und Investoren. Die Vox-Show schwankte zwischen Kritik an der ‘Raffgier’ der Investoren, die gern für viele Anteile an den jungen Unternehmen für wenig Geld haben wollten, hin bis zu großem Lob, da es das Unternehmertum dem ‘Otto-Normalverbraucher’ und Fernsehzuschauer näher brachte. Eines war die Sendung jedenfalls: Ein Quoten-Träumchen für VOX. Mit einer Durchschnittsquote von 1,5 Mio. Zuschauern erfüllte die Sendung jede Erwartung und eine zweite Staffel ist in Arbeit.
In der letzten Sendung trauten sich u.a. die Hamburger Alexander Djordjevic, Ole Schaumberg und Andreas Brandt von Foodist in die Manege der Löwen. Mit ihrer Foodist Box werden die Abonnenten jeden Monat aufs Neue von der Zusammenstellung überrascht und entdecken Gourmet-Produkte, die in Deutschland kaum erhältlich sind. Dabei dient die Abobox als Vermarktungsplattform für die Hersteller und Marktforschungsinstrument für Foodist. Erfolgreich getestete Produkte werden exklusiv durch Foodist an den Handel vertrieben.
Judith Williams, Shopping-TV-Koryphäe, clevere Unternehmerin und bekennende Naschkatze genoss sichtlich die leckeren Mitbringsel der Hamburger während der Sendung. Als die Löwen die Margen der Foodistboxen hörten, leuchteten die Investoren-Augen und es ging in die Verhandlung: Foodist bot den Löwen 5 Prozent vom Unternehmen für ein Investment von 125.000 Euro, die wollten 25 Prozent. Der Deal platzte – naturgemäß. Aber für Foodist war der Auftritt ein wahrer Segen. Warum haben wir Gründer Alexander Djordjevic direkt gefragt.
Hallo Alex, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zum Auftritt bei VOX und Respekt für die selbstbewußte Präsentation Eures Startups! Ihr habt kein Investment bekommen, seid aber dennoch überglücklich warum? Was ist nach der Ausstrahlung passiert?
Wir haben durch die Sendung in der Umsatzentwicklung zwei Geschäftsjahre übersprungen. Allein die ersten 24 Stunden nach der Ausstrahlung in Zahlen sind schon unglaublich: 1,2 Millionen Seitenaufrufe auf www.foodist.de, 7.000 neue Facebookfans und über 280.000 € Umsatz (8.600 Bestellungen).
Verglichen mit anderen Startups, die sich den Löwen präsentierten, seid ihr unheimlich selbstbewusst und klar in diese Verhandlung gegangen. Wie habt ihr Euch darauf vorbereitet, ihr wusstet ja nicht konkret, was auf Euch zukommt, oder?
Auf die vielen Kameras und das Studio konnten wir uns nicht vorbereiten. Alle Kandidaten betreten bei der Aufzeichnung das Studio zum ersten Mal und gedreht wird nur mit einem Versuch.
Um ein Gefühl für die Sendung zu bekommen, haben wir uns viele Folgen “Shark Tank” und “Dragon´s Den” angeschaut. Außerdem haben wir uns mit den Lebensläufen der einzelnen Investoren auseinandergesetzt. Den Part der ersten zwei Minuten, in denen wir das Geschäftsmodell erklären, haben wir schlichtweg auswendig gelernt und gefühlte hundertmal wiederholt.
Ihr hattet einen Favoriten bei den Löwen, wer wäre das gewesen und warum?
Unsere Favoritin war Judith Williams, da sie über das Kapital hinaus mit ihrer TV Shopping Sendung unvergleichbare Salespower mit eingebracht hätte. Judith verkauft in ihrer Sendung bis zu 50.000 Produkte in einer Stunde! Leider kann die 30 % Marge unserer Foodist Box nicht mit den gängigen Margen der Beautyindustrie mithalten.
Warum seid ihr nicht auf den Deal der Löwen eingegangen?
In erster Linie lag unsere Vorstellung über die Unternehmensbewertung von Foodist zu weit von der Einschätzung der Löwen entfernt. Das Angebot von Frank Thelen und Lencke Wischhusen für 125.000 € Kapital 25% der Unternehmensanteile abzugeben, entspricht einer Unternehmensbewertung von 500.000 €.
Wir haben bereits ein halbes Jahr nach Start von Foodist eine Finanzierungsrunde über die Crowdfunding Plattform Companisto abgeschlossen. Damals wurden wir durch Anwälte und Banker auf Seiten von Companisto auf 1.275.000 € bewertet. Unsere Anzahl an Abonnenten und unser monatlicher Umsatz haben wir durch das Investment seitdem vervierfacht. Wieso sollen wir uns nun deutlich schlechter bewerten lassen?
Unternehmensbewertungen sind ja im Falle der Höhle der Löwen ein streitbares Thema. In diversen Berichten wurden die Höhe der Anteile, die die Löwen an den Startups einforderten immer wieder als unverhältnismäßig kritisiert. Wie siehst du diesen Kritikpunkt?
Startups und Investoren diskutieren ständig über Unternehmensbewertungen. Im Fall von “Die Höhle der Löwen” sollte bei der Diskussion berücksichtigt werden, dass in der Sendung auch viele “Erfinder” und “Unternehmer” dabei waren, die bislang keine Unternehmenserfolge aufweisen konnten, zum Teil auch in Liquidationsproblemen steckten und somit mit dem Rücken zur Wand standen. Eine Beteiligung, z.B. durch Judith Williams beim Maniküreset “Beli Luu”, hat ein Unternehmen durch die Decke geschossen, dass in der gesamten Unternehmenszeit 180 Sets verkauft hatte. In diesen Fällen kann ich den Anspruch der Löwen nachvollziehen.
Bei Unternehmen wie Foodist oder Erdbär, die zum Zeitpunkt des Auftritts über 12 Mitarbeiter beschäftigen, über 300.000 € Jahresumsatz verzeichnen und dabei sind ihr Business am Markt, erfolgreich zu etablieren, müssen die Löwen bei Fundingsummen um die 100.000 € von der Vorstellung abweichen, hierfür mindestens 25 % Unternehmensanteile zu erhalten. Das ist in der Tat unverhältnismäßig. Gleichzeitig hätten einzelne Investments um die 500.000 € vielleicht den einen oder anderen Löwen an seine Grenzen gebracht.
Bei den Löwen sah man auch Startups, die scheinbar fiktive Traum-Bewertungen angaben und dafür Stirnrunzeln bei den Löwen ernteten. Für Startups, die noch ganz frisch am Markt und im Business sind, wie entstehen eigentlich Unternehmensbewertung?
Business Angel, Venture Capitalists oder auch strategische Investoren haben alle ihr eigenes Model zur Bewertung von Startup-Unternehmen, dabei spielen grob zusammengefasst folgende Fragestellungen mit rein: Wie groß ist der Markt zukünftig, auf dem sich das Unternehmen befindet? Wie viel Marktanteile hält das Startup davon? Wie gut skaliert das Geschäftsmodell, d.h. wie ist das Verhältnis von Wachstum und hierfür notwendiger Ressource? Wie viel Gewinn wird das Unternehmen zukünftig generieren?
Wie setzt sich Eure zusammen?
Puh, gute Frage, leite ich gerne an die Crowdfunding Plattform Companisto nach Berlin weiter, würde mich auch stark interessieren :).
Natürlich haben wir auch Vorstellungen über den Wert von Foodist und sehen eine Möglichkeit darin, unsere aktuelle Unternehmensbewertung aus der Discounted Cash Flow Methode abzuleiten, in dem wir zukünftig zu erwartende Gewinne auf den heutigen Wert abzinsen.
Die Unternehmensbewertung von Startups ist in der Regel zukuntfsorientiert und somit müssen z.B. Annahmen zur eigenen Markt- und Wettbewerbs-,Margen-, Zinsen- und der eigenen Umsatzentwicklung getroffen werden. Wie gesagt, es lässt sich viel über Unternehmensbewertungen diskutieren…
Habt ihr für Foodist schon Investoren an Board und musstet ihr schon mal vor Investoren pitchen?
Wir haben in zwei Jahren rund eine halbe Million Euro durch zwei Finanzierungsrunden auf der Crowfundingplattform Companisto eingesammelt. Wir durften schon vor vielen Investoren pitchen und haben im Laufe der Zeit viel dazu gelernt.
Ich finde als Unternehmer pitcht man ständig seine Idee, sobald man Interessierten gegenüber das Geschäftsmodell erklärt, egal ob auf Familienfeiern, Partys oder Networking-Events.
So und jetzt mal Hand aufs Herz, was unterscheidet die Höhe der Löwen von einem echten Investorengespräch?
Der Pitch im Studio dauerte insgesamt über eine Stunde und besonders Frank Thelen hat die klassischen Investorenfragen zu Kennzahlen bei Abomodellen wie Kundenakquisitionskosten, Deckungsbeiträgen und Customer Lifetime Value gestellt, die den durchschnittlichen VOX-Zuschauer wenig interessieren 😉
Im Gegensatz zu “echten” Investorengesprächen unterschied sich der Pitch bei “Die Höhle der Löwen” darin, dass die Löwen keine Chance hatten, sich über den Markt und den Wettbewerb bei den Geschäftsmodellen zu informieren. Gleichzeitig haben sie keine Zeit eine tiefergehende Prüfung durchzuführen und müssen anhand oberflächlicher Informationen, eine Investmententscheidung treffen.
In Gesprächen mit renommierten VC-Gesellschaften wird auf einer detaillierteren Ebene diskutiert und es folgt in der Regel auch kein konkretes Angebot beim ersten Treffen…und natürlich schauen auch nicht 2 Millionen Menschen zu 🙂
Wie geht es jetzt weiter mit Foodist?
Wir haben unsere monaltiche Abonnentenzahl von 2000 Abonnenten auf über 10.000 Abonnenten in zwei Wochen verfünffacht und sind somit ein halbes Jahr früher Break Even als geplant. Wir kämpfen gerade gemeinsam mit dem Team 12 Stunden pro Tag den Ansturm zuverlässig abzuarbeiten, so dass die vielen neuen Abonnenten und Neukunden zum Weihnachtsgeschäft zufrieden sind.
Parallel führen wir Investorengespräche, da wir über die monatlichen Überschüsse hinausgehend wachsen möchten und stehen weiteren Investorenanfragen offen gegenüber.
Alex, wir beide hatten ja schon mal das Vergnügen, gemeinsam in einer Panel-Diskussion über die Hamburger Startup-Szene zu sitzen. Dort hast du direkt betont, dass du dich mit deinen Partnern bewusst für Hamburg als Standort entschieden hast. Warum?
Im Wesentlichen brauchst du für ein Startup drei Komponenten, eine Idee, ein Team und Kapital. Die Idee für Foodist haben wir während unseres Studiums an der Hamburg School of Business Administration entwickelt und brauchten keine weiteren äußeren, kreativen Einflüsse. Ein Team lässt sich mit Firmensitz Hamburg ebenfalls sehr gut recruiten, da viele Bewerber auch die die Stadt Hamburg als Lebensmittelpunkt schätzen. Und Zugang zu Kapital ist ebenfalls in Hamburg vorhanden und oft geografisch unabhängig, da Business Angels und VC-Gesellschaften national und international verteilt sitzen.
Was wünscht du dir für die Hamburger Startup-Szene?
Mehr Selbstbewusstsein und den Drang von mehr Hamburger Startups, sich gegenseitig auszutauschen – gerne auch um 22 Uhr nach Feierabend 😉
Vielen Dank für das Gespräch!
Weitere Infos zu Alexander Djordjevic aus unserem Who’s who
Alexander ist bei Foodist für die Bereiche Marketing, Social Media und Unternehmenskommunikation verantwortlich.
In seiner Ausbildung zum Marketing- und Kommunikationskaufmann bei der arko GmbH sammelte Alexander erste wertvolle Erfahrungen im Lebensmittelhandel. Er absolvierte anschließend ein duales Bachelorstudium in Mediamanagement an der Hamburg School of Business Administration (HSBA) und an der University of the West of Scotland mit den Schwerpunkten Internet Business Models und Social Media PR.
Während des Studiums gründete er gemeinsam mit Ole Schaumberg den HSBA Entrepreneursclub, um interessante Gründer und Investoren in Workshops und Vorträgen kennenzulernen. Alexander ist 2014 gemeinsam mit seinen drei Foodist-Mitgründern in der VOX-TV-Show ‘Höhle der Löwen’ aufgetreten. Mehr erfahrt ihr über Alexander im Who’s who.
Weiterführende Links
http://www.hamburg-startups.net/interview-mit-frank-thelen/
http://www.deutsche-startups.de/2014/10/20/wir-haben-300-000-euro-umsatz-erzielt/
http://www.deutsche-startups.de/2014/10/15/die-hoehle-der-loewen-erste-staffel/
http://www.gruenderszene.de/allgemein/die-hoehle-der-loewen-in-zahlen
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!