Capital Square – eine Bürogemeinschaft von Investoren
Die Investorenszene ist für Startups manchmal schwer durchschaubar und auch untereinander nicht optimal vernetzt. Zwei erfahrene Hamburger Business Angels haben deshalb mit Capital Square eine Bürogemeinschaft gegründet, die für mehr Erfahrungsaustausch, bessere Zusammenarbeit und auch Spaß sorgen soll. Und es sind noch Plätze frei für Investorinnen und Investoren!
Erfolgreiche Unternehmer wurden zu erfolgreichen Investoren
Wenn es darum geht, erfolgreiche Unternehmen zu gründen und sie dann noch erfolgreicher zu einem Exit zu bringen, kann Dirk Freise und Martin Ostermayer niemand so leicht etwas vormachen. Ihr erster Streich war 1999 handy.de, ein Onlineshop zunächst für Handys, später auch für Logos und Klingeltöne. 2002 erfolgte der Verkauf an Bertelsmann, 2005 dann die nächste Gründung. Die Blau Mobilfunk GmbH positionierte sich als der erste unabhängige Mobilfunkdiscounter Deutschlands. 2008 kam dann der nächste Exit, dieses Mal an den niederländischen Telekommunikationskonzern KPN. Weggefährte von Dirk und Martin war in beiden Fällen Thorsten Rehlung, ebenso bei der Gründung von Shortcut Ventures Ende 2011.
Shortcut Ventures hat als Wagniskapitalgeber mit seinem ersten Fonds in zahlreiche Startups investiert, oft mit großem Erfolg. Herausragendes Beispiel ist das Fintech SumUp, an dem sich Shortcut Ventures bereits 2012 beteiligt hat und das längst eine mehrfache Milliardenbewertung erreichen konnte. Ein zweiter Fonds wurde dennoch nicht aufgelegt, und seit 2017 sind Dirk und Martin als Business Angels unterwegs. In dieser Funktion investieren sie ausschließlich ihr eigenes Geld. Ihr Fokus liegt auf frühphasigen Startups mit Tech-Bezug. Gefragt sind da besonders Software-Lösungen oder eine Kombination aus Software und Hardware.

Corona machte deutlich, wie wichtig persönlicher Austausch ist
In der Regel investieren sie nicht allein, sondern in Kooperation mit anderen Investoren und auch dem High-Tech Gründerfonds oder der IFB Innovationsstarter GmbH. Ein großes Netzwerk ist entscheidend, um geeignete Startups aufzuspüren, und natürlich persönliche Kontakte, die oft zufällig auf Veranstaltungen entstehen. Daher war die Corona-Pandemie mit ihren zahlreichen Einschränkungen auch für Dirk und Martin eine Zäsur. Eine Weile konnten Gespräche nur per Videocall geführt werden, spontane Begegnungen waren gar nicht möglich. In dieser Zeit reifte eine Idee, die 2024 dann zur Gründung einer Bürogemeinschaft für Investoren geführt hat. Capital Square heißt sie und hat ihre Heimat im Hamburger Karoviertel gefunden.
Als erste Coworker konnten sie Wolfram Grätz, auch schon seit vielen Jahren als Gründer und Investor erfolgreich, und Peter Welge gewinnen. Letztgenannter kommt von der Deutsche Mittelstand Beteiligungen GmbH (DMB). „Typische Investmentsituationen für DMB entstehen bei Regelungen von Nachfolgelösungen durch Management-Buy-outs und Buy-ins oder bei der Veräußerung von Gesellschaften aus einer Unternehmensgruppe“, heißt es auf der Webseite der DMB. Das ist offensichtlich ein ganz anderer Ansatz als bei an Startups am Anfang ihrer Entwicklung interessierten Business Angels. Genau das aber passt wiederum zum Konzept von Capital Square.
Capital Square bringt Menschen und Ideen zusammen
Der Coworking Space versteht sich nämlich als Ort der Begegnung, an dem Menschen mit unterschiedlichen Kompetenzen und Branchenschwerpunkten zusammenkommen, um ihre Erfahrungen auszutauschen. Drei Plätze sind momentan noch frei und gesucht sind Investoren – und selbstverständlich auch Investorinnen! -, die neue Sichtweisen und Expertisen einbringen, beispielsweise aus Bereichen wie Food, Life Science oder Deep Tech. Ein Feld, auf dem sich Dirk und Martin noch nicht umfassend auskennen, doch das ändert sich gerade. Vor einigen Tagen hat nämlich bei Capital Square die erste Veranstaltung vom Deep Tech Club stattgefunden; weitere Events werden folgen.
In Zukunft könnte Capital Square also häufiger zum Veranstaltungsort werden, wo auch Startups Gelegenheit zum Netzwerken bekommen. Bisher gibt es noch keine Möglichkeit, direkt mit der Bürogemeinschaft Kontakt aufzunehmen, etwa durch ein Formular auf einer Webseite. Wie ein Investment in ein Startup aber grundsätzlich abläuft, haben uns Dirk und Martin schonmal verraten. Der erste Kontakt kann beispielsweise über Empfehlungen aus dem Netzwerk zustande kommen oder bei einem Event. Dabei stellt sich oft schon heraus, ob eine Geschäftsidee persönliches Interesse weckt. Es gibt durchaus Businessmodelle, die vielversprechend sein können, aber einfach nicht zur Branchenpräferenz oder zum Know-how bestimmter Investoren passen.
So klappt das mit der Finanzierungsrunde
Zur Informationsvermittlung ist das klassische Pitchdeck nach wie vor unverzichtbar. Es sollte einen guten Überblick über das vom Startup identifizierte Problem und seine Lösung, den Markt und das Marktpotenzial sowie das Team bieten, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Offene Fragen können im nächsten Schritt in einem Gespräch geklärt werden. Idealerweise findet das im persönlichen Kontakt statt, doch da sich Investoren nicht lokal beschränken, ist das nicht immer möglich. Dann tut es zunächst auch ein Videocall. Verfestigt sich das anfangs geweckte Interesse, steigen die Investoren tiefer in die Materie ein, analysieren den Markt und nehmen auch das Team genauer unter die Lupe.

Oft wird gesagt, dass Investoren eher in überzeugende Persönlichkeiten mit schlechten Ideen als umgekehrt investieren, da sich Geschäftsmodelle leichter korrigieren lassen. Das ist grundsätzlich nicht verkehrt, wobei ein völlig abwegiges Businesskonzept auch Rückschlüsse auf die Kompetenz der Ideengeber ermöglichen kann. Pivots, also Überarbeitungen der Geschäftsmodelle, sind bei Startups aber gang und gäbe. Bestes Beispiel aus Hamburg ist Finanzcheck, das als Portal für Studierende aus dem Ausland angefangen hat, zwischendurch eine Plattform für private Krankenversicherungen war und dann erst zum Kreditvergleichsportal wurde. Die Erfolgsgeschichte fand ihren Höhepunkt im Verkauf des Unternehmens an Scout24 für 285 Millionen Euro.
Stichwort Exit: Auf lange Sicht sollten Gründerinnen und Gründer den Verkauf ihres Unternehmens zumindest nicht ausschließen, wenn sie Investoren für sich gewinnen wollen. Sollte das und fast alles andere für einen Deal Entscheidende geklärt sein, steht oft noch die Frage der Bewertung im Raum. Damit verbunden sind naturgemäß die Höhe der Finanzierung und der abzugebenden Anteile. Gerade bei frühphasigen Investments muss da eine vernünftige Abwägung erfolgen, die einerseits das Wachstum des Startups ermöglicht und andererseits genug Luft für kommende Runden lässt, wo weitere Unternehmensanteile abzugeben sind.
Mehr Know-how-Transfer durch das Modell von Capital Square
Ist dann alles unter Dach und Fach, hört das Engagement der Investoren selbstverständlich nicht auf. Ins operative Geschäft greifen sie nicht direkt ein, lassen sich aber durch regelmäßige Reportings auf dem Laufenden halten, idealerweise monatlich. Als Ansprech- und Sparringspartner stehen sie gern zur Verfügung, bringen ihr Fachwissen ein und nutzen ihre Kontakte, wenn das eigene Know-how an seine Grenzen stößt. Auch hier bringt das Konzept von Capital Square zusätzlichen Nutzen für Startups, denn eine vielfältige Bürobesetzung bedeutet automatisch ein größeres Netzwerk und mehr Erfahrungsaustausch, von dem alle profitieren. Ein Modell also, das Schule machen sollte.