DyssolTEC – vom Forschungsprojekt zum Startup
Die Hochschule als Brutstätte für Startups – das ist immer noch eher die Ausnahme als die Regel. Wie es gehen kann, zeigt ein Forschungsprojekt der Technischen Universität Hamburg, das sich mit Produktionsprozessen beschäftigt. Nicht zuletzt dank verstärkter Nachfrage aus der Wirtschaft wurde daraus das Startup DyssolTEC.
Alle herstellenden Unternehmen haben Interesse daran, ihre Produktionsprozesse zu optimieren, um Zeit und Geld zu sparen und die Qualität ihrer Waren zu steigern. Zwar ließen sich solche Optimierungsversuche in der realen Produktion durchspielen, doch besteht immer die Gefahr, dabei zumindest kurzfristig mehr Schaden anzurichten als Nutzen zu erzielen. Daher bietet es sich an, solche Tests mithilfe einer Software zu simulieren. Bei Prozessen, die Flüssigkeiten und Gase betreffen, ist das auch schon weit verbreitet. Schwieriger gestaltet sich das bei der Verarbeitung von Feststoffen, obwohl die rund 70 % aller chemischen Produktionsprozesse ausmacht.
Die Simulation der Verarbeitung von Feststoffen ist eine Herausforderung für die Forschung
Die Herausforderung liegt in der komplexeren Struktur von Feststoffen. Flüssigkeiten und Gase sind weitestgehend homogen und ihre Verbindung läuft daher immer nach dem gleichen Schema ab. Dagegen arbeitet man bei Feststoffen mit Partikeln, die sich in Größe und Oberflächenform erheblich unterscheiden können. Das ist einer der Faktoren, der die Simulation von Produktionsverläufen anspruchsvoller macht.
Ein solches Problem anzugehen und zu lösen ist Sache der Forschung und damit einer Hochschule wie der TU Hamburg. Die startete 2013 am Institut für Feststoffverfahrenstechnik und Partikeltechnologie ein entsprechendes Projekt. Förderung gab es durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Von Anfang an dabei waren Professor Stefan Heinrich und der Informatiker Vasyl Skorych. Im Mittelpunkt der Forschung stehen Prozesse aus den Branchen Chemie, Pharmazie und Lebensmittel und damit Produkte wie Wasch-, Milch- und Kaffeepulver, Dünger oder Medikamente. Die Herstellung beispielsweise technischer Geräte ist ein anderes Thema und hat nichts mit dem Projekt zu tun.
DyssolTEC erstellt einen digitalen Zwilling
Der Projektname lautet „Dynamic simulation of interconnected solids processes“ und findet sich in verkürzter Form in DyssolTEC wieder. Die Sofware, die DyssolTec entwickelt hat, nutzt das Prinzip eines digitalen Zwillings. Das heißt, das Programm berücksichtigt nicht nur die Eigenschaften der zu verarbeitenden Stoffe, sondern simuliert auch die verwendeten Geräte, wie Granulatoren, Separatoren, Sprühtrockner und einige mehr. 15 Prozessmodelle sind bereits integriert, weitere sollen folgen. Die Darstellung geschieht in Form eines Fließschemas der einzelnen Verfahrensabschnitte, ein in der Verfahrenstechnik übliches Vorgehen. So lässt sich erkennen, welche Auswirkung die Änderung von Faktoren wie der Temperatur hat.
Ein Forschungprojekt wie dieses, das so nah an die Realität in der Produktion angelehnt ist, weckt unweigerlich früher oder später das Interesse der Wirtschaft. Der Chemiegigant BASF stieg 2020 für eine Testkooperation ein, mit Evonik ist mittlerweile ein weiteres führendes Chemieunternehmen involviert. Mit diesen beiden und weiteren namhaften Partnern baut DyssolTEC gerade ein Industriekonsortium auf. Im Sommer wurde aus dem Uni-Projekt endgültig ein richtiges Unternehmen. Zum Gründungsquartett gehören auch Sophia Rothberg und Christian Eichler.
Alle vier haben ihre Basis nach wie vor an der TU Hamburg, aber das kann sich ändern, wenn der Geschäftserfolg einsetzt. Noch veröffentlicht DyssolTEC keine konkreten Zahlen bezüglich der Ersparnisse, welche die Software einbringt. Die ist bisher als Open Source allgemein zugänglich und soll in der Basisversion auch kostenlos bleiben. Mitte des Jahres soll aber eine Lizenzversion hinzukommen, die als Software-as-a-Service erhältlich sein wird. Zum Geschäftsmodell hinzu kommt dann individuelle Beratungsleistung. Bezüglich der Marktakzeptanz ist DyssolTEC sehr zuversichtlich. Der amerikanische Marktführer für Prozesssimulationssoftware, Aspen Technology, bietet keine vergleichbare Lösung für Feststoffverfahren. Und fast zehn Jahre Forschungsarbeit lassen sich nicht so schnell aufholen und kopieren.
DyssolTEC ist Mitglied im Hamburg Startups Club
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