next media accelerator: Drei Startups, die den Online-Journalismus voranbringen
Im zweiten Teil unserer kleinen Serie über den 10. Batch vom next media accelerator stellen wir heute drei Startups vor, die die Arbeit von Online-Journalisten erleichtern und dabei die Vorlieben und Interessen von Lesern berücksichtigen.
Faktual nimmt Journalisten Recherchearbeit ab
Eine gründliche Recherche gehört zu den wesentlichen Voraussetzungen für guten Journalismus. Das Internet kann da eine hervorragende Hilfe sein, allerdings führen die zahllosen potenziellen Quellen schnell zur Überforderung. Welche dieser Quellen sind vertrauenswürdig und wo finde ich die Informationen, die mir wirklich weiterhelfen? Die Beantwortung dieser Fragen ist sehr zeitaufwendig und Zeit ist gerade im Online-Journalismus knapp bemessen. Moritz Beutter und Abraham Duplaa bieten mit ihrem Startup Faktual nun einen Ausweg aus diesem Dilemma. Kennengelernt haben sich die beiden Gründer während ihres Studiums in München.
Bei ihrem gemeinsamen Projekt ging es damals um die Molkereiwirtschaft, für Faktual haben sie ein Programm entwickelt, das aus Texten den Rahm abschöpft. Dabei greifen sie auf die Technologie des Natural Language Processing zurück, kurz NLP (nicht zu verwechseln mit Neuro-Lingustischem Programmieren). NLP ist ein Teilbereich der künstlichen Intelligenz und hilft Computern, menschliche Sprache besser zu verstehen und zu analysieren. Bei Faktual läuft das praktisch so ab: Nutzer geben, ähnlich wie bei Google, ein möglichst präzisen Suchbegriff ein und erhalten nicht nur ausgewählte Beträge aus Primärquellen, sondern auch aus den oft sehr langen Texten die relevantesten Informationen extrahiert. Wer will, kann natürlich auch den kompletten Text lesen, muss aber nicht. Angefangen haben Moritz und Abraham im Sommer 2019 mit der Entwicklung ihrer Idee, seit drei Monaten sind in Vollzeit damit beschäftigt. Die offizielle Gründung steht unmittelbar bevor und im schon Frühjahr soll eine Basisversion einsatzbereit sein.
Followistic weiß, was Leser wünschen
Nicht nur Journalisten haben mit einem Überangebot an Informationen zu kämpfen, für Leserinnen und Leser gilt das genauso. Dabei interessieren sich viele von ihnen nur für bestimmte Themen, wissen aber nicht, wann und wo entsprechende Berichte zu finden sind. Dank Followistic ist das nun kein Problem mehr. Über ein Widget, platziert unter einem Onlinebeitrag, lassen sich Stichworte markieren, zu denen man gern weitere Artikel lesen möchte. Man hat die Wahl, ob man über diese Artikel dann sofort bei Erscheinen informiert wird, oder gebündelt zum Beispiel einmal die Woche.
Vanessa Naumann, die eine Gründerin von Followistic, hat einige Jahre als Projektmanagerin gearbeitet und vor gut zwei Jahren den Web Summit in Lissabon besucht. Spontan verliebte sie sich in die Stadt und fand dort überraschend schnell eine Wohnung und einen Job. In Lissabon lernte sie auch Jorge Pereira kennen, ihren Mitgründer. Im März 2019 fiel der offizielle Startschuss für Followistic, das bereits einige Erfolgszahlen aufweisen kann. So haben weltweit schon rund 350.000 Personen ihr Interesse an ausgewählten Themen bekundet und über 47 Millionen passende Benachrichtigungen erhalten. Für Medienunternehmen ist das Verfahren besonders attraktiv, weil es bei der Kundenbindung an eine Webseite laut Followistic fünfmal effektiver ist als andere Maßnahmen. Auch können sie analysieren, was Leser besonders interessiert, und ihr redaktionelles Angebot darauf ausrichten.
Spaii Labs ist ein Datenlabor für Online-Medien
Leser besser zu verstehen und zu erreichen ist auch das Ziel von Spaii Labs aus Barcelona. Der Gründer Xavier Alabart denkt gern groß und startete seine Karriere in der Raumfahrtindustrie. Dann wurde ihm bewusst, wie wichtig Marketing ist, um große Dinge auch wirklich groß rauskommen zu lassen, und wechselte in diese Branche. Bei Spaii Labs und seinem insgesamt fünfköpfigen Team herrscht ein experimentierfreudiger Geist, wie in einem echten Labor. Hantiert wird hier allerdings nicht mit irgendwelchen Chemikalien, sondern mit Daten. Sie dienen beispielsweise dazu herauszufinden, wie Leser zu Abonnenten werden können und wie dafür eine Paywall konzipiert sein sollte.
Am besten lassen sich zahlende Kunden mit für sie besonders relevanten und interessanten Inhalten anlocken. Deshalb entwickelt Spaii Labs eine Software, die in Echtzeit analysiert, welche Artikel in welchen Zielgruppen besonders gut ankommen, und umgehend passende Online-Werbung veranlasst. Xavier legt bei seiner Arbeit besonderen Wert auf eine gute Balance zwischen der Datenanalyse und der menschlichen Komponente. Journalisten sollen sich auf ihre Story konzentrieren können und sich nicht mit Vorgaben zur Suchmaschinenoptimierung herumschlagen müssen. Während der Projektphase mit einer spanischen Tageszeitung hat das auch schon ordentlich geklappt. Für 2020 steht die Kommerzialisierung auf der Agenda, da kann der next media accelerator mit seinem Netzwerk natürlich wertvolle Hilfe leisten.
Den ersten Teil unserer Serie über Batch 10 vom next media accelerator könnt ihr hier nachlesen.