Bei Innoo gibt es nur gute Nachrichten
Selbst wer das Gegenteil von einem Morgenmuffel ist, bekommt beim Start in den Tag schnell miese Laune, wenn er die Nachrichten hört oder liest. Diese Erfahrung haben zumindest die Gründer von Innoo gemacht und eine Plattform geschaffen, die sich ganz auf positive News und Storys konzentriert. Auch wir mögen gute Nachrichten und haben uns das mal genauer angeschaut.
Wenn Michael Beier am Morgen einen Blick auf die allgemeine Nachrichtenlage warf, war ihm der Appetit auf sein Frühstück gleich verdorben. Überall nur Krieg, Unfälle, Katastrophen. Robert Winicierz erging es ähnlich, er verzichtete zwischenzeitlich fast völlig auf den Konsum von Nachrichten. Auch Clemens Rath fehlte oft das Positive in der Berichterstattung. Kein Wunder, dass Robert und Clemens schnell mit an Bord waren, als Michael ihnen Ende 2018 von seiner Idee erzählte, eine Plattform für ausschließlich erfreuliche Medienberichte ins Leben zu rufen. Dazu kam noch Marco Moytl, der als App-Entwickler das Team vervollständigte.
Berufliche Erfahrungen im Journalismus hatte zuvor keiner von ihnen gemacht. Robert kennt sich zumindest in der Startup-Welt aus. So hat er im Business Development bei Cerascreen, das medizinische Selbstests vertreibt, gearbeitet und verkauft Kissen über einen Amazon-Shop. Clemens ist Berater und weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig eine positive Einstellung beispielsweise im Change Management ist. Michael schließlich betreibt das Coworking-Unternehmen Quartier86 mit sechs Standorten in Hamburg. Alle vier haben sich über das Coworking kennengelernt und ihre Firmenadresse selbstverständlich in einer der Filialen, nämlich in der Stresemannstraße 86.
Gute Frage: Was sind gute Nachrichten?
Bei der Suche nach dem passenden Namen fiel die Wahl auf Innoo. Da stecken ein bisschen die Begriffe „Innovation“ und „News“ drin und bei einer kleinen Umfrage kam das auch gut an. Als wesentlich kniffliger erwies sich da schon die Frage, was eigentlich eine „gute Nachricht“ sei. Ein banales Beispiel: Gewinnt der HSV das Derby gegen St. Pauli, ist das für einen Teil der Hamburger sehr erfreulich, für einen anderen Teil dagegen gar nicht. Beim Sport gibt es neben einem Sieger eben immer auch einen Verlierer. Eindeutig dagegen ist die Lage bei einem Artikel mit einer Schlagzeile wie „Tödlicher Unfall auf der A7“. Diese Meldung ist zweifelsfrei negativ, bringt keinen echten Erkenntnisgewinn und hat keine politische Relevanz. Bei Innoo findet sie daher garantiert nicht statt.
Die Vorauswahl trifft eine Software, die auf bestimmte Begriffe konditioniert ist und ständig dazulernt. Der Teufel steckt aber häufig im Detail, Beispiel: „Krieg in Syrien“ wäre nichts für Innoo, „Krieg in Syrien beendet“ dagegen auf jeden Fall. Daher überprüfen die Teammitglieder jede ihnen vorgeschlagene Nachricht und entscheiden dann, ob sie für ihre Zwecke geeignet ist. Als Quellen dienen über 100 Onlinemedien, die über einen RSS-Feed verfügen. Das Angebot soll kontinuierlich erweitert werden, auch kleinere Blogs, die Nischenthemen behandeln, werden dann Inhalte liefern können. Auch exklusiven eigenen Content könnte es demnächst geben.
Noch ist Innoo mehr Herzensangelegenheit als Geschäft
Die Teammitglieder von Innoo kümmern sich jeweils um fest zugeordnete Ressorts. Die erste Aktualisierung findet früh am Morgen statt und dann bis zu dreimal am Tag, wenn es die Nachrichtenlage hergibt. Eine Aktualisierung in Echtzeit ist momentan nicht realisierbar, denn alle vier verdienen ihr Geld mit anderen Tätigkeiten. Bisher hat Innoo, das vor vier Monaten offiziell gestartet ist, nur sehr überschaubare Werbeeinnahmen. Für Nutzer sind App und Webseite sowieso kostenlos. Ob sich das Konzept jemals rechnen wird, bleibt abzuwarten; vielleicht lässt sich bei höherer Reichweite über die dann entstandene Community ein Geschäftsmodell entwickeln.
Unabhängig vom kommerziellen Erfolg muss sich Innoo mit der Kritik auseinandersetzen, in der an Filterblasen gewiss nicht armen Internetlandschaft eine weitere Filterblase entstehen zu lassen, dazu noch eine, die alles vermeintlich Negative ausblendet. Die Macher halten dagegen, dass sie komplette Nachrichtenabstinenzler dazu bringen können, sich wieder mit aktuellen Themen zu beschäftigen. Außerdem raten sie keineswegs dazu, sich ausschließlich über Innoo zu informieren. Wer einen der ausgewählten Artikel anklickt, landet in vielen Fällen sowieso auf einer Seite, die das gesamte Newsspektrum abdeckt. Da Empfehlung lautet also: Erstmal checken, was Innoo bietet, dann bleibt das Frühstück nicht im Halse stecken. Den Rest kann man später immer noch verdauen.