EY Start-up-Barometer: Finanzierungen auf Rekordhoch – aber nicht in Hamburg
Zweimal im Jahr veröffentlicht die Unternehmensberatung EY ihr Start-up-Barometer Deutschland. Jetzt war es wieder so weit. Die gute Nachricht: Die Finanzierungssumme ist so hoch wie noch nie. Die schlechte Nachricht: Das Geld wird sehr ungleichmäßig verteilt. Welche Branchen boomen und wie Hamburg abschneidet, erfahrt ihr in unserer Zusammenfassung.
Seit 2015 ermittelt EY halbjährlich die Zahl und das Volumen der Finanzierungen, die Startups in Deutschland erhalten. Quellen sind dabei Pressemitteilungen der Startups und Investoren, Medienberichte und die Datenbank von CB Insights. Ergebnis: Noch nie waren die Investoren hierzulande innerhalb von sechs Monaten so spendabel wie in der ersten Hälfte von 2019. Gut 2,8 Milliarden Euro verteilten sie in insgesamt 332 Finanzierungsrunden. In der letztgenannten Kategorie weisen alle führenden Bundesländer ein Plus auf. Ganz vorn wie zu erwarten Berlin (131) vor Bayern (52), Nordrhein-Westfalen (42), Hamburg und Baden-Württemberg (jeweils 25).
Anders sieht es bei Finanzierungssummen aus, hier ist die Dominanz von Berlin wesentlich deutlicher. In die Bundeshauptstadt gingen 2,141 Milliarden Euro (1. Halbjahr 2018: 1,667 Milliarden). Mit gewaltigem Abstand folgt Bayern mit 204 Millionen Euro und einem erheblichen Verlust; im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es noch 355 Millionen. Auch das fünftplatzierte Hamburg verliert und kommt lediglich auf 81 statt 116 Millionen Euro. Berlin holt sich 76 Prozent vom Geldkuchen, im gesamten Jahr 2018 waren es nur 57 Prozent. Deutschlands Startupmetropole setzt sich also immer mehr vom Rest der Republik ab.
Berliner Einhörner dominieren beim Start-up-Barometer
Das liegt vor allem an einigen Überflieger-Startups, die inzwischen Einhorn-Status, also eine Milliardenbewertung erreicht haben. Ganz vorn sind da GetYourGuide mit 428 Millionen Euro Neuinvestition und N26 mit 266 Millionen Euro (hier gab es vor ein paar Tagen noch einen Nachschlag von 150 Millionen, der in dieser Statistik gar nicht berücksichtigt ist). N26 steht dabei beispielhaft für die inzwischen erfolgreichste Branche, nämlich Fintech/Insurtech, mit einem Gesamtvolumen von 704 Millionen Euro (1. Halbjahr 2018: 396 Millionen).
Noch eindrucksvoller ist der Aufstieg der Kategorie Mobility von 130 auf 659 Millionen Euro. Auch der Health-Sektor prosperiert, der einst dominierende E-Commerce reizt Investoren dagegen deutlich weniger als in den Vorjahren. Bei Betrachtung der Anzahl der Finanzierungsrunden ergibt sich dagegen ein etwas anderes Bild. Den Spitzenplatz sichert sich hier der Bereich Software & Analytics mit 100 Investments in einer Gesamthöhe von 385 Millionen Euro. 49 E-Commerce-Startups durften sich über eine Geldspritze freuen, genauso viele in den ersten sechs Monaten 2018. Da sind dann sicherlich hauptsächlich kleinere Deals in einer Höhe von bis zu 5 Millionen Euro darunter, die mit 264 den Löwenanteil ausmachen. Immerhin siebenmal wurde die 100 Millionen-Marke überschritten.
Hamburg nur bei Fintechs mit in der Spitze
Und wie hat Hamburg bei all dem abgeschnitten? Eher durchwachsen, wenn man ehrlich ist. Der Ehre der Hansestadt retten einmal mehr die Fintechs, die insgesamt 48 Millionen Euro einsammeln konnten, was für den zweiten Rang in dieser Kategorie reicht. Davon fallen allein 43 Millionen auf Exporo, das damit gut die Hälfte des kompletten Investitionsvolumens über alle Branchen für sich verbuchen konnte. Dahinter wird es dann schnell dünn. Für vier Mobility-Startups gab es zusammen 8 Millionen Euro, die Ergebnisse für die anderen von EY genauer untersuchten Bereichen sind kaum noch messbar.
Dieses ernüchternde Ergebnis ist nicht gleichzusetzen mit einem Qualitätsurteil über Hamburger Startups und jüngste Erfolgsmeldungen von vilisto und Fashion Cloud machen Mut, dass es im 2. Halbjahr wieder besser aussehen könnte. Es lässt sich aber auch nicht wegdiskutieren, dass das große Geld mehr denn je nach Berlin geht und die Herrschaften mit den dicken Brieftaschen zu selten bei uns vorbeischauen. Startups, die ganz am Anfang stehen, bietet Hamburg eine Reihe guter Fördermöglichkeiten. Schwierig wird es in der Phase danach, ein Problem, welches das EY Start-up-Barometer in gar nicht so schöner Regelmäßigkeit deutlich macht.
Beitragsbild: