ChefTreff setzt den nächsten Volltreffer
ChefTreff ist mittlerweile das größte von Studierende für Studierende organisierte Event im Hamburg. Vergangenen Freitag sorgte die vierte Ausgabe wieder für Rekorde: mehr Programm denn je, um die 1.000 verkaufte Tickets, bestes Wetter und mit Thomas Middelhoff einen spektakulären Speaker. Wir fassen die Höhepunkte zusammen.
Das wichtigste Ziel von ChefTreff ist, jungen Leuten das Gründen eigener Unternehmen schmackhaft zu machen. Positive Beispiele sind da das beste Argument. Auf der Macher-Bühne in einem nicht mehr ganz taufrischen Hörsaal des WiWi-Bunkers der Uni Hamburg erzählten zwei Hamburger Gründer ihre Geschichten. Alexander Djordjecic sprach darüber, wie Foodist zu einem der erfolgreichsten Food-Statups wurde. Ein wesentlicher Faktor: Foodist verlässt sich nicht auf ein einziges Geschäftsmodell, sondern ist mit Onlineshop, Präsenz im Einzelhandel, eigenen und fremden Marken und Marktforschungsaktivitäten breit aufgestellt.
Hauke Windmüller konnte vom lukrativen Verkauf seiner Ortungs-App Familionet an Daimler berichten. Der Autokonzern interessierte sich vor allem für die Technologie, die das Team von Familonet entwickelt hatte. Dabei hatte es zwischenzeitlich gar nicht so rosig für das junge Unternehmen ausgesehen. Ein Deal mit einem großen Medienunternehmen war nach einem dreiviertel Jahr Verhandlungszeit in letzter Minute geplatzt, die Zukunft des Startups stand auf dem Spiel. Auch Alexander erzählte von einem Rückschlag, als ein Mitgründer aussteigen wollte und Foodist für diesen Fall rechtlich nicht abgesichert war. Solche negativen Erfahrungen trübten aber nicht das Fazit der beiden Entrepreneure: Gründen lohnt sich, unbedingt!
10 Startups traten zum Pitch Battle an – Nect holte die meisten Punkte
Das können sicherlich auch die zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Startup Pitch Battle bestätigen, auch wenn sie zum Teil noch ganz am Anfang stehen. Zu dem Wettbewerb aufgerufen hatten erstmals gemeinsam der Next Commerce Accelerator und der IFB Innovationsstarter, die zunächst ihre Förderprogramme für Startups vorstellten. Danach ging es Schlag auf Schlag, besser gesagt, Pitch auf Pitch. Cirplus und Wildplasic sorgen für besseres Recycling von Plastik, Panda findet mithilfe künstlicher Intelligenz Fehler in der Industrieproduktion und SiTL bringt das Allzweckgerät fürs Hairstyling auf den Markt.
Bei UTRY.ME können Kunden neue Produkte preisgünstig testen und mit WirFit den passenden Fitnesstrainer finden. Vimato hat eine Influencer-Suchmaschine entwickelt, yamuntu bietet Rabatte für Sneaker auf Instagram. Und UrbanBees belohnt nachhaltiges Verhalten mit Gutscheinen. Eine fünfköpfige Fachjury und drei spontan eingesetzte Juroren aus dem Publikum bewerteten die Kandidaten und gaben am Ende Nect die meisten Punkte. Keine große Überraschung, denn dieses Startup hatte für sein Identifizierungsverfahren per Smartphone schon einige Preise und große Kunden gewonnen.
4 starke Beiträge auf der Chef-Bühne
Begonnen hatte der als „Sommergipfel“ titulierte ChefTreff bereits am frühen Nachmittag mit einer Reihe von Workshops und bei bestem Wetter spielte sich vieles auch im Freien ab. Einige Food-Trucks sorgten da für Verpflegung. Am Abend verlagerte sich das Geschehen allerdings ins Audimax, denn für die Chef-Bühne hatten sich vier attraktive Speaker angekündigt. Den Auftakt machte Artjem Weissbeck, einer der Gründer der Marke KAPTEN & SON, bekannt für Uhren und andere Accessoires. Sein neues Mode-Startup heißt Charles, doch sein Hauptthema waren Ängste und wie man mit ihnen umgeht.
Artjem riet dazu, sich mit seinen Ängsten so strukturiert auseinanderzusetzen wie mit seinen Zielen und sich auszumalen, welche Konsequenzen bedrohlich wirkende Entscheidungen tatsächlich haben könnten. Er selbst habe das im geschäftlichen wie im privaten Leben praktiziert und trotz schmerzlicher Zwischenergebnisse positive Erfahrungen gemacht. Eine Menge Positivität strahlte auch die aus Lancashire stammende Narina Jander-McAllister aus, die den technischen Einkauf bei Otto leitet. Mit einem Jura-Abschluss aus Oxford, aber ohne Deutschkenntnisse, war sie nach Hamburg gekommen und hat hier ihren Weg gemacht. Eine Portion Unbekümmertheit und Durchhaltevermögen haben ihr dabei geholfen und ihre Freude daran mit Menschen zu arbeiten und Entscheidungen zu treffen. Juristische Detailarbeit ist dagegen nicht so ihr Ding.
Thomas Bachem wiederum kann der theoretischen Seite des herkömmlichen Informatikstudiums nicht allzu viel abgewinnen, obwohl er leidenschaftlich gern programmiert. Zudem ist er Seriengründer, auch den Bundesverband Deutsche Startups hat er mit ins Leben gerufen. Seine geballte Erfahrung hat er in die Gründung einer privaten Uni für digitale Innovationen eingebracht. Seit Juli 2017 ist CODE in Berlin eine staatlich anerkannte Hochschule, die aktuell drei Bachelor-Studiengänge anbietet und dabei ganz neue Wege der Wissensvermittlung gehen will.
Thomas Middelhoff zog das Audimax in seinen Bann
Wäre nach diesen drei Beiträgen Schluss gewesen, man hätte schon von einer rundum gelungenen Veranstaltung sprechen können. Doch der mit Spannung erwartete Höhepunkt sollte ja noch kommen. Thomas Middelhoff hatte es als Manager bis ganz an die Spitze geschafft. Ein altes Foto zeigt ihn mit Größen wie Bill Gates, Steve Jobs, Jeff Bezos und Warren Buffett. Vor vielen Jahren fühlte er sich mit ihnen auf Augenhöhe. Dann kam der Absturz, wegen Untreue und Steuerhinterziehung wurde er zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Er hat fast alles verloren, heute fährt er mit dem Fahrrad zum Einkaufen und leidet an einer unheilbaren Autoimmunerkrankung.
Wie also würde ein solcher Mann vor sein Publikum treten? Mit einer Mischung aus schonungsloser Offenheit, entwaffnendem Charme und einem nach wie vor vorhandenem Talent zur Selbstdarstellung. Er präsentierte sich als mahnendes Beispiel dafür, wie zu viel Macht und Geld den Charakter verderben und den Blick für die Realität verschleiern können. Zugleich übte er Kritik am Strafvollzug in Deutschland und stellte infrage, ob genug für die Resozialisierung getan werde. Middeloff berät heutzutage Startups, aber besitzt er überhaupt die Glaubwürdigkeit und Integrität für eine solche Tätigkeit? Nimmt man den langanhaltenden Schlussapplaus als Maßstab, lautet die Antwort eindeutig ja.
So geht es weiter mit ChefTreff
Die Einladung des gefallenen Managerstars hat sich also als ein weiterer ChefTreff-Volltreffer erwiesen. Kompliment an die Organisatoren, die das Event neben ihrem Studium auf die Beine stellen, allen voran Lilly Wittrock und Jan Henri Kalinowski. Eine längere Atempause gönnen sie sich trotzdem nicht. Für Januar 2020 ist schon die nächste Ausgabe geplant, außerdem soll es einen Podcast und eine Roadshow geben. Von ChefTreff werden wir noch einiges zu sehen und hören bekommen.