proceer digitalisiert die Unternehmensberatung
Unternehmensberatung leicht gemacht, das ist die Idee des Startups proceer. Drei Wirtschaftsinformatiker von der Universität Hamburg haben eine Software entwickelt, die Berater bei ihrer Arbeit unterstützt und einen Methodenkoffer für das Projektmanagement anbietet.
DIN SPEC 1041 ist das Kürzel für ein Standardisierungsverfahren mit dem Ziel, „praxisorientierte Richtlinien und Vorgehensweisen für das Management von Outsourcingvorhaben bezüglich technologieorientierter und wissensintensiver Dienstleistungen (IT-Outsourcing und Business Process Outsourcing) zu entwickeln.“ Die drei Wirtschaftsinformatiker Tobias Ibach, Patrick Körber und Jonas Stickel haben sich während ihres Studiums ausführlich mit diesem Thema beschäftigt. An ihrer Uni, der Universität Hamburg, wurde das Verfahren sogar entwickelt und erstmalig 2010 vorgestellt.
Softwareentwicklung als Masterarbeit
Die drei sind also echte Experten für DIN SPEC 1041. Anders sieht das bei den kleinen und mittleren Unternehmen aus, denen dieser Leitfaden eigentlich helfen soll. Die müssen sich erst durch einen sechzigseitigen Text arbeiten und vier Grob- sowie 27 Detailschritte beachten, auch wenn nicht alle für jeden relevant sind. Das kostet Zeit und Nerven und lässt vermutlich so manchen ziemlich ratlos zurück. Teil der Masterarbeiten des Trios war die Entwicklung einer Software, die den ganzen Prozess digitalisiert und so wesentlich erleichtert. Schon erste Tests damit hat das Ergebnis, dass die Erfolgsquote bei der Wahl der richtigen Dienstleister für das Outsourcing bei 80 Prozent lag.
Darauf ließ sich prima aufbauen. Tobias, Patrick und Jonas beantragten ein EXIST-Gründerstipendium für ihr Projekt und erhielten die Förderung von Mai 2018 bis April 2019. Als ersten richtigen Kunden hatten sie ein großes Versicherungsunternehmen im Visier. Dem war aber die Software noch nicht ausgereift genug, außerdem wollte es nicht noch ein weiteres Tool in seine IT-Struktur integrieren. Diese Erfahrung führte zu einer Strategieänderung bei proceer, so der Name des Startups der drei Wirtschaftsinformatiker.
Schwenk auf neue Zielgruppe: Unternehmensberatungen
Die neue Idee war, eine digitale Unternehmensberatung anzubieten. Die soll aber nicht die bereits existierenden großen Beratungsfirmen ersetzen, sondern ihnen vielmehr die Arbeit erleichtern. Zudem ist proceer thematisch inzwischen viel breiter aufgestellt und konzentriert sich nicht mehr nur auf das Outsourcing. Die Software lässt sich jetzt allgemein für ein digitales Projektmanagement nutzen. Besonders hilfreich ist dabei ein Methodenkoffer, der zum Beispiel Standardprozesse enthält, die sich nach Bedarf kombinieren lassen. Auch die Erstellung eigener Formulare ist damit möglich.
Die Einsatzmöglichkeiten sind entsprechend vielfältig. In einem ersten Pilotprojekt nutzt beispielsweise eine Beraterin von Krankenhäusern das System. Momentan sucht proceer einen großen Pilotkunden aus der Beratungsbranche, um die Wirksamkeit seiner Software zu beweisen. Das technische Gerüst steht, die sonst scheinbar unvermeidliche künstliche Intelligenz spielt dabei übrigens bisher keine Rolle. Nun geht es darum, Umsatz zu generieren und am Geschäftsmodell zu feilen. Das könnte zusätzlich auf ein Plattformmodell hinauslaufen, auf einen Marktplatz für Unternehmensberatung oder auf die gezielte Vermarktung einzelner Programmelemente.
proceed zieht mit anderen Startups zusammen
Noch kann proceer finanziell nicht auf eigenen Füßen stehen, weshalb die drei Gründer parallel als freischaffende IT-Dienstleister unterwegs sind. So auch für das Food-Startup Purefood, bekannt für seine Marke Lycka mit Eis, Snacks und Cold Brew Kaffee. Purefood hat seine Büros in der Hoheluftchaussee 95 und dort noch Platz für andere Startups. Glück für proceer, das während der EXIST-Phase noch an der Uni beheimatet war und ab 1. Juli Teil einer gerade entstehenden Startup-Bürogemeinschaft wird. Wie dort in Zukunft Projekte gemanagt werden, sollte damit eigentlich geklärt sein.