VIPERdev: mit MVPs zum schnellen Erfolg
Die Spezialität von VIPERdev sind MVPs, auf das Nötigste reduzierte Softwareprodukte. Der Gründer Lasse Schuirmann ist allerdings alles andere als die Sparversion eines Unternehmers und vielseitig aktiv. Wir haben ihn besucht, um mit ihm über seine bisherigen Karrierestationen zu sprechen, von Jugend forscht bis zu seinem aktuellen Startup.
Lasse Schuirmann ist erst 24 Jahre alt, hat aber schon so viele Erfahrungen in der Digitalwelt gesammelt, dass die vollständige Aufzählung den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. Er bezeichnet sich selbst als „mit Brille geborenen Nerd“. Die Brille benötigt er allerdings nach einer Laser-Augenoperation vor gut einem halben Jahr nicht mehr; seine Sehkraft liegt jetzt bei 120 % und dieser Wert scheint auch für einige andere Bereiche zu gelten.
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Lasse Schuirmann an seinem Arbeitsplatz im Startup Dock. Er benutzt zwei Mäuse, um seine Hände gleichmäßig zu belasten.
Als Schüler interessierte er sich zunächst hauptsächlich für Musik, bis er auf den Nachwuchswettbewerb „Jugend forscht“ aufmerksam wurde. Mit seinen damals 14 Jahren war er eigentlich zu jung dafür und hätte in der Sparte „Schüler experimentieren“ antreten müssen, wurde aber hochgestuft. Prompt gab es einen Sonderpreis für ein Verfahren zur Verbesserung der Qualität von Rastergrafiken. Das war 2009. 2011 nahm er erneut teil und erhielt eine Auszeichnung für ein autonom fliegendes Modellflugzeug. In dieser Zeit entwickelte sich seine Leidenschaft für die Informatik und brachte sich das Programmieren selbst bei.
Aus dem Projekt Coala wächst das erste Startup GitMate
Nach dem Abitur begann er ein duales Studium, das ihm den manchmal frustrierenden Arbeitsalltag bei einem großen Unternehmen vor Augen führte. Bei Dräger, einem Lübecker Hersteller von Geräten der Medizin- und Sicherheitstechnik, musste er mal zwölf Stunden, mal ein halbes Jahr auf die Freigabe von Daten oder grünes Licht für ein Projekt warten. Parallel zum Studium startete er die Open Source-Initiative Coala, die sich der Code-Analyse verschrieben hat. Es gibt sie noch heute und inzwischen haben über 1.000 Personen ihren Beitrag dazu geleistet. Die Erfahrungen, die Lasse beim Managen der Community gemacht hatte, konnte er 2017, ein Jahr nach seinem Bachelor, bei seinem ersten richtigen Unternehmen einbringen: GitMate.
Der Plan war, die Erkenntnisse, die er bei Coala gewonnen hatte. in ein Geschäftsmodell umzuwandeln. Leider war der Markt für Codeanalyse schon gesättigt. Auch der Schwenk auf eine andere Idee, nämlich ein Tool zur Automatisierung und Fehleranalyse bei der Softwareentwicklung, funktionierte in der Praxis nicht wie erhofft. Lasse hat deshalb vor einigen Wochen die Notbremse gezogen. GitMate ist zwar im Internet noch zu finden, de facto aber Geschichte.
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Das Logo von VIPERdev
Glücklicherweise hatte Lasse mit VIPERdev fast zeitgleich mit GitMate noch ein weiteres Startup gegründet. Auf die Frage, woher die Firmierung VIPERdev kommt, gibt es eine ziemlich banale Antwort. Bei der Anmeldung beim Finanzamt musste schnell ein Name her. Da Lasse bevorzugt mit der Programmiersprache Python arbeitet, fiel ihm spontan als andere Schlangenart die Viper ein – das „dev“ steht ganz einfach für „development“. Der Name war noch frei, also VIPERdev. Der konkrete Anlass für die Gründung war ein größerer Programmierauftrag, den er lieber über ein eigenes Unternehmen und nicht als Selbständiger erledigen wollte.
Ein MVP sorgt dafür, dass sich VIPERdev auf MVPs fokussiert
Ganz am Anfang war das Geschäftsmodell des Startups noch nicht klar definiert. Zu Testzwecken setzte Lasse deshalb zwei minimalistisch gestaltete Webseiten auf. Eine stellte die Beratungsleistung in den Vordergrund, die andere versprach die schnelle Bereitstellung von Software zum Schnäppchenpreis von 3.000 Euro. Variante zwei brachte den nächsten Kunden ein und legte den Grundstein für das Konzept, mit dem VIPERdev heute erfolgreich ist. Das Motto auf der Webseite fasst es am besten zusammen: „Dein MVP in 30 Tagen.“
Lasse und sein Team haben sich also auf die Erstellung von MVPs spezialisiert. Das Team besteht größtenteils aus Mitgliedern aus dem Coala-Netwerk und ist über die ganze Welt verstreut. Eine seiner wichtigsten Aufgaben sieht Lasse deshalb auch darin, ein echtes Teamgefühl zu schaffen. „Menschen sind keine Ressourcen“, sagt er und fügt hinzu: „Visionen und Werte sind unglaublich wichtig!“ Die Mitarbeiter können wo, wann und woran arbeiten wie sie wollen, so lange die Aufträge rechtzeitig erledigt werden. Dabei verdienen sie deutlich mehr als ihr Chef, der sich selbst nur ein Drittel des bei VIPERdev üblichen Gehalts auszahlt.
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Die Werbepostkarte, die Lasse in der Hand hält, ist auch eine Art MVP. Konzeption und Produktion dauerten nur wenige Stunden.
Sein Geld verdient das Startup hauptsächlich mit Apps, die es für Startups ohne eigene Programmentwickler, aber auch für größere Unternehmen, die andere Prioritäten setzen, entwickelt. Dafür hat sich das Team eine Art Software-Baukasten zusammengestellt, mit dem sich das Gerüst einer App rasch erstellen lässt. Hinzu kommen dann die innovativen Elemente als Herausforderung und Spaß zugleich. Jeder Auftrag beginnt mit einer Beratung, bei der meist die ersten ambitionierten Vorstellungen auf ein vernünftiges Normalmaß schrumpfen. Schließlich soll ein MVP schnell getestet und modifiziert werden können. Hat sich das Produkt dann bewährt, steht VIPERdev auch für die Weiterentwicklung zur Verfügung.
Die Zukunft von VIPERdev: eigene Ausgründungen
Die Zukunft seines Unternehmens sieht Lasse in der Ausgründung eigener Startups. Mitarbeiter können dann eigene Projekte entwickeln und eventuell zur Gründung bringen. VIPERdev wäre dann nicht nur ein Dienstleister, sondern ein Sprungbrett in die Selbständigkeit und zur Verwirklichung unternehmerischer Träume. Noch in diesem Jahr könnte diese Phase bei VIPERdev starten.
Unmittelbar bevor steht der Hamburg Innovation Summit. Am 23. Mai findet dann unter anderem der Startup Triathlon Pitch statt, für den man sich noch bis zum 15. Mai bewerben kann. Dort haben Gründerinnen und Gründer die Möglichkeit, sich und ihre Geschäftsidee drei Experten zu präsentieren. Neben Lasse sind das Volker Schlicht für das Thema Finanzen und Nils Dabelstein für den Bereich Vertrieb. Apropos Triathlon: Vergangenes Wochenende hat Lasse den Marathon in Hamburg absolviert und trotz verletzungsbedingten Trainingsrückstands die magische Vier-Stunden-Marke unterboten. Er gibt wohl wirklich immer 120 %.