wingu – ein Startup mit speziellem Sendungsbewusstsein
Laut der eigenen Webseite bietet das Hamburger Startup wingu „location based content delivery“. Aber was ist damit gemeint? Auf jeden Fall wesentlich mehr als nur Werbung, wie wir bei unserem Besuch im Mindspace feststellen durften.
Normalerweise genügt dem Hamburger Team von wingu ein einzelnes Büro von durchschnittlicher Größe, doch vergangene Woche musste es ein ganzer Konferenzraum im Mindspace sein. Das Startup feierte nämlich seinen ersten Geburtstag und hatte dazu alle seine weiteren Mitarbeiter eingeladen. Die befinden sich sonst am zweiten Standort Krakau und als Freelancer in Rom, Madrid oder auf Gran Canaria. Daher sahen sich viele der Kollegen zum ersten Mal. Allerdings nicht, um die ganze Woche Party zu machen, sondern um in einem internen Hackathon das eigene Softwareangebot auszubauen.
Die Gründer von wingu bringen viel Erfahrung mit
wingus Geschäftsmodell ist nämlich das einer Software-as-a-Service, oder besser noch, Platform-as-a-Service. Gegründet wurde das Startup 2016 von Michael Wolf und Hanz Geeratz. Die beiden kennen sich seit 17 Jahren und haben bereits 2002 mit der Agentur Speicher 210 ihr erstes Unternehmen an den Start gebracht. Dort haben sie jahrelang Apps für ihre Kunden entwickelt. Mit der Zeit wurde der Wunsch immer größer, ein eigenes Produkt zu lancieren.
Die Idee dazu kam ihnen, als sie sich für einen Auftrag mit der Beacon-Technologie beschäftigten. Beacons sind kleine Sender, die hauptsächlich in geschlossenen Räumen angebracht werden und Nachrichten auslösen, sobald ein Smartphone mit einer passenden App in ihre Nähe kommt. Genau diese Dienstleistung bietet wingu an, und das ist längst noch nicht alles.
Trigger bestimmen Ort und Zeit einer Botschaft
Für Einsteiger gibt das Starterpaket mit drei Beacons. Deren Kauf ist aber nicht obligatorisch, Kunden können auch ihre eigenen Beacons verwenden, oder andere Trigger. Trigger sind Mittel zu dem Zweck Botschaften zu versenden. Dafür eignet sich im Prinzip auch ein NFC-Chip, der allerdings nur eine Reichweite von wenigen Zentimetern hat. Oder eine per GPS ermittelte bestimmte Position. Ein Trigger sorgt also dafür, dass der Empfänger an einem genau definierten Ort die richtige Nachricht bekommt. Ein weiterer Faktor kann die Zeit sein – vielleicht ergibt am Morgen eine andere Information Sinn als am Abend.
Kunden, die diese Dienstleistung in Anspruch nehmen möchten, können sich bei wingu registrieren, ihre Trigger anmelden und die auszuspielenden Inhalte eingeben. Für die Nutzung zahlen sie eine monatliche Gebühr. Im Prinzip kann jeder völlig eigenständig seinen Content erstellen. wingu bietet aber auch Workshops zu dem Thema an und vermittelt darauf spezialisierte Provider.
wingu konnte bereits namhafte Kunden gewinnen
Wie unterschiedlich die Software angewandt werden kann, zeigen drei Beispiele aus dem Portfolio von wingu. Bei Lego geht es ums Marketing, hier werden Kunden in den Läden auf Produkte hingewiesen. Bei den Robinson Hotels der TUI steht die Informationsübermittlung im Vordergrund, zum Beispiel, wann welche Einrichtungen wofür zur Verfügung stehen. Vattenfall schließlich nutzt die Technologie für die Mitarbeiterkommunikation und optimiert mit ihr Arbeitsabläufe.
Die Software funktioniert mit bestehenden Apps, Kunden können aber auch eine von wingu entwickelte verwenden, zum Beispiel als White-Lable-Lösung. Der Trend geht allerdings eher weg von dauerhaft installierten Apps und hin zu solchen, die nur für einen begrenzten Zeitraum aktiv sind, etwa bei einer Veranstaltung. Und zum Physical Web, das ebenfalls Beacons und dazu Bluetooth nutzt, um Botschaften an ein Smartphone schicken, ohne dass dafür eine spezielle App vorhanden sein muss. Der Geburtstagshackathon hatte genau dieses Physical Web zum Thema.
Bei wingu geht es also um ziemlich komplexe Technologien und Algorithmen. Da ist es von großem Vorteil, dass Michael und Hanz auf 15 Jahre Erfahrung in der Softwareentwicklung zurückblicken können. Dementsprechend strukturiert und automatisiert sind viele Schritte des Programmierungsprozesses.
Die Einsatzmöglichkeiten sind äußerst vielfältig
Das Ergebnis kann sich auf jeden Fall sehen lassen, denn seine Einsatzmöglichkeiten sind fast unbegrenzt, es muss nicht bei einfachen Textbotschaften bleiben. So lassen sich Angebote wie die von SurveyMonkey mit kurzen Umfragen oder Spotify mit passender Musik integrieren. Und wer schon einmal auf einer Messe wie der CeBit vergeblich nach einem bestimmten Aussteller gesucht hat, wünscht sich dringend Orientierungshilfe durch die Beacon-Technologie.
Klar, dass hierbei die Verarbeitung großer Mengen von Daten eine wesentliche Rolle spielt. Auch besteht beispielsweise die Möglichkeit, Bewegungsprofile von Kunden in Läden erstellen. Da stellt sich zwangsläufig die Frage, wie es bei wingu mit dem Datenschutz hält. Die Antwort ist eindeutig: Man richtet sich streng nach dem europäischen Datenschutzgesetz, eine zusätzliche ISO-Zertifizierung wird gerade beantragt. Außerdem bleiben die Nutzer anonym, mehr als „da ist jemand“ wird nicht ermittelt, und die Daten werden auch nicht gehandelt. Hanz meint sowieso, dass das große Datensammeln ein Auslaufmodell sei.
wingu ist eine Wolke
Das gilt sicher nicht für wingu, denn das Unternehmen steht dank der Erfahrung seiner Gründer und dem Engagement zweier Privatinvestoren von Beginn an auf einer soliden Basis. Das Geschäft ist international ausgerichtet und in jeder Beziehung noch ausbaufähig. Das Wort „Wingu“ stammt übrigens aus der afrikanischen Sprache Suaheli und bedeutet dort „Wolke“. Für das Hamburger Startup gleichen Namens scheint die Zukunft eher heiter als bewölkt zu sein.
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