Startups@Reeperbahn Pitch: Baqend rast zum Doppelsieg
Am Ende konnte es nur einen geben: Die Webbeschleuniger von Baqend konnten sowohl den Publikums- als auch den Jurypreis beim Startups@Reeperbahn Pitch gewinnen und sorgten damit für den absoluten Höhepunkt eines an Höhepunkten gewiss nicht armen Programms, das Hamburg Startups am Mittwoch zum Auftakt des Reeperbahn Festivals im Gruenspan auf die Beine gestellt hatte. Wir lassen die Ereignisse noch einmal Revue passieren.
Los ging’s schon am frühen Nachmittag mit einer Reihe von Gesprächen und Vorträgen, die nicht nur für Menschen aus der Startup-Szene hochinteressant waren. Den Auftakt machte ein Interview mit Marcell Jansen, der von seiner Fußballkarriere und sein neues Leben als Entrepreneur erzählte. Seine Gesprächspartnerin war Geraldine De Bastion, die zudem nicht nur die Nachmittagstalks, sondern auch den Pitchwettbewerb am Abend moderierte, souverän und charmant. Chapeau!
Weiter ging es, Schlag auf Schlag. Chelsea Collier brachte den Publikum die Zukunft der Smart Cities näher, unterstützt von Daniel Priem von Floatility und Robert Heinecke von Breeze. In einer von XING initiierten Runde ging es um die Unternehmenskultur von heute und morgen, und Peter Ivanov erklärte, wie virtuelle Teams mit Mitgliedern an verschiedenen Standorten funktionieren könne. Zum Abschluss gab Claire England vom Cental Texas Angel Network Tipps, wo Startups US-Investoren (und nicht nur die) für sich gewinnen können. Schon nach diesen abwechslungs- und hilfreichen Programmpunkten war klar: Sanja Stankovic und Sina Gritzuhn, die Gründerinnen von Hamburg Startups, hatten wieder ein erstklassiges Event organisiert.
Und es sollte noch besser werden. War das Gruenspan schon am Nachmittag gut besucht, wurde es zum großen Finale am Abend rappelvoll. Das Who is Who der Hamburger Startup-Welt und auch internationales Publikum gab sich die Ehre, darunter viele Investoren, die praktischerweise an den gelben Bändern zu erkennen waren. Sie alle waren gespannt auf den Auftritt der fünf Startups, die es in die Endrunde geschafft hatten. Vier davon kamen aus Hamburg. Oder eigentlich viereinhalb, aber dazu später mehr.
Den Anfang machte Andreas Kitzing von Sponsoo. Dieses Startup möchte allen Vereinen und Sportlern eine Plattform bieten, die zwar großartige Leistungen bieten, aber nicht so im Rampenlicht stehen wie Bundesligaprofis oder Tennisasse. Sponsoo hat Olympiasieger ebenso im Portfolio wie die Jugendmannschaft aus der Nachbarschaft – und auch die Sportfreunde Lotte, die kürzlich Werden Bremen aus dem DFB-Pokal geschossen haben, was HSV-Fan Andreas besonders freute. Freuen konnte er sich auch über stetig steigende Nutzerzahlen, Erfolg versprechende Kooperationen und seinen Pitch. Das war ein guter Anfang.
Einen richtig guten Anfang hatte auch Nicolas Chibac. Er war zunächst auf der Bühne gar nicht selbst zu sehen, sondern ließ seine Drohne Spherie einfliegen. Da hatte er die Technik noch voll im Griff. Nicht ganz so gut lief es dann bei der Präsentation seines Unternehmens spiceVR. Mehrfach blieb der Bildschirm für das Publikum schwarz, als der Slides und Filme zeigen wollte. Schade, denn Spherie lebt von den Bildern, die sie produziert. 360-Grad-Aufnahmen sind das, die sich auf vielfältige Weise kommerziell nutzen lassen. Mit seiner Drohne hatte es Nicolas im Frühjahr schon bis nach Texas zum Festival South by Southwest (SXSW) geschafft, und seither auf viele andere Startup-Events. Entsprechend entspannt und routiniert überstand er seine kritischen Momente, und am Ende gab es dann auch noch ein paar eindrucksvolle Bilder zu sehen.
Noch mehr Schwierigkeiten scheinbar zu Beginn des nächsten Pitches: Eine Webseite will einfach nicht hochfahren. Das ist aber nur ein dramaturgischer Trick und verdeutlicht das Problem, das Baqend lösen will. Der Trend geht in Richtung Entschleunigung? Nicht mit Baqend! Felix Gessert, Geschäftsführer der Softwareexperten, legte ein ordentliches Tempo vor bei seinem Vortrag. Das passte gut zu seinem Geschäftsmodell: Backend as a Service nennt sich das und soll Webseiten und Apps schneller machen, entscheidend schneller, schneller als irgendein Mitbewerber das schafft. Für Laien ist das im Detail nicht ganz leicht zu verstehen, doch ein aktuelles Beispiel macht die Überlegenheit der Technik deutlich.
Baqend hat den Löwentest bestanden
Wenn ein Startup bei „Die Höhle der Löwen“ auf Sendung geht, brechen kurz darauf regelmäßig die Webseiten zusammen, weil sie den Ansturm nicht verkraften. Nicht so bei THINKS; die Designagentur hatte in der Show ihr Fitnesshandtuch TOWELL+ präsentiert und damit viele Interessierte auf ihre Seite locken können. Kein Problem, dank Baqend lag die Serverauslastung trotzdem nur bei 3 %. Als Felix dann auf Nachfrage aus der Jury, was denn sein Produkt von Google AMP unterscheide, mit einer Kaskade von Fachbegriffen antwortete, verstanden die meisten zwar nur Bahnhof. Aber spätestens jetzt war klar: Hier stand gerade der Favorit auf der Bühne. Wer nach ihm kam, war nicht zu beneiden.
Doch dann kam Simon Barkow Oesterreicher von Uberchord und konnte ebenfalls vollständig überzeugen. So sehr, dass die Jury ihm auch gern den ersten Platz gegeben hatte, wie später verkündet wurde. Die App, die als digitaler Gitarrenlehrer funktioniert, hat im App-Store von iTunes eine sensationelle Bewertung von 4,9 und erkennt jeden schiefen Ton. Das leistet in dieser Perfektion keine andere Software. Noch ist Uberchord kostenlos, ab Oktober soll dann eine Premiumversion für Umsatz sorgen. Zwei Millionen Euro konnte das Berliner Startup bereits von Investoren einsammeln.
Uberchord: dank Hamburg Startups nach San Francisco
Wobei das mit Berlin auch nur zum Teil stimmt; Simon ist Hamburger und hatte daher, wie die anderen auch, ein Heimspiel im Gruenspan. Mit dem Reeperbahn Festival und Hamburg Startups verbindet er zudem die Begegnung mit Shazam-Gründer Chris Barton bei den von Hamburg Startups mit Mentoren veranstalteten Blind Dates 2015. Das führte zu einem Besuch bei Dropbox in San Francisco, wo Barton zu der Zeit tätig war, und bis heute guten Kontakten zu Shazam.
Ein Kalauer pro Artikel sei erlaubt, hier ist er: Als letzte Kandidatin erzählte Enri Chantal Strobel einen vom Pferd. Genauer gesagt, von ihrem Startup Horse Analytics, das einen Milliardenmarkt mit einer besonders finanzstarken Zielgruppe will. Pferdefreunde lieben ihre Rösser, können sie aber in der Regel nicht immer in ihrer Nähe haben, sondern haben sie in Ställen untergebracht, die sie nicht täglich besuchen können. Damit sie trotzdem immer informiert sind, wie es ihren Lieblingen geht und was sie tun, gibt es den Sensor von HorseAnalytics, der am Kopf des Tieres befestigt wird und wichtige Daten wie die Herzfrequenz an das Smartphone schickt. Potenziell ein tolles Produkt, das sich allerdings noch in einer frühen Testphase befindet.
So, das waren fünf Pitches der Marke Spitzenklasse. Jetzt waren Publikum und Jury gefragt, ihre Entscheidungen zu treffen. Das Publikum konnte Spielgeld an seine Favoriten verteilen, die Fachjuroren zogen sich hinter die Bühne zur Beratung zurück. Das Ergebnis war jeweils das selbe: Platz 2 für Überchord, Platz 1 für Baqend! Die fixen Jungs konnten also gleich zwei Preise einheimsen: den Publikumspreis, zwei Tickets zum South by Southwest-Festival in Austin, Texas im März 2017. Und natürlich den Hauptpreis, eine Mediabudget im Wert von 100.000 Euro von der WELT. Herzlichen Glückwunsch! Für den Rest des Abends konnten sich die fünf Finalisten in liebevoll ausgestattete Séparées zurückziehen – für Investorengespräche, versteht sich. Und natürlich mit allen anderen einfach Party machen.
Wir sagen Danke für einen grandiosen Startups@Reeperbahn Pitch!
Bei einer Veranstaltung wie Startups@Reeperbahn Pitch sind eine immer Menge fleißige und kreative Menschen am Werk, die eine solche Party erst möglich machen. Nicht alle können wir hier namentlich nennen, doch ihnen allen gebührt unser Dank. Ein Extralob gehört Florian Regler von druckRegler, der die fabelhaften Großbuchstaben, die die Bühne schmückten und auf einigen Fotos zu sehen sind, gestaltet hat. Ausdrücklich bedanken wollen wir uns auch bei der großartigen Jury, die sich ihre Entscheidung nicht leicht gemacht hat:
Mark Hoffmann (Co-Founder & CEO Gründerszene), Claire England (Executive Director CTAN, Austin), Dr. Cornel Wisskirchen (Managing Director, Deutsche Bank) Chelsea Collier (Co-Founder Impact Hub, Austin), Jan-Menko Grummer (Partner, Ernst & Young), Christian Fuhrhop (CFO WeltN24 GmbH), Lars Hinrichs (CEO Cinco Capital, Founder HackFwd & XING), Marcell Jansen (Investor & Entrepreneur), Ralf Dümmel (Managing Partner DS Produkte | Investor „Die Höhle der Löwen“) und Scott Collier (Investment Manager von Whole Foods Market).
Und was wäre der Startups@Reeperbahn Pitch ohne seine Partner und Sponsoren? Eine ziemlich spartanische und freudlose Angelegenheit, wenn überhaupt. Also, Applaus, Applaus für:
Alle Fotos, falls nicht anders angegeben: Stefan Groenveld
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