3 Startups, die bei DESY Wissenschaft und Unternehmertum verbinden
Kürzlich haben wir in einem ausführlichen Beitrag beschrieben, wie das Forschungszentrum DESY auch immer mehr zu einem Hotspot für Startups wird. Heute stellen wir drei Projekte vor, die bei DESY und im neuen Innovation Village ihre Heimat gefunden haben: MicroTCA Technology Lab, PiNa-Tec und X-Spectrum.
MicroTCA Technology Lab sorgt für hohen Standard
MicroTCA steht für Micro Telecommunications Computing Architecture und ist ein modularer Standard, der den Aufbau von Baugruppenträgern und kompletten Grundsystemen regelt. Das ist die Kurzform einer Definition aus Wikipedia. Es geht also um einen Hardwarestandard, bei dessen Umsetzung DESY mit dem MicroTCA Technology Lab ganz vorn dabei ist. Die Technologie wird bevorzugt in der Industrieproduktion eingesetzt, und zwar dann, wenn es besonders schnell, flexibel und zuverlässig zugehen soll. Bei allen drei Kriterien stoßen normale Computer rasch an ihre Grenzen. Wenn dort etwas nicht funktioniert, muss meistens das ganze System neu gestartet werden. MicroTCA mit seinem modularen Aufbau ermöglicht es, einzelne Elemente auszutauschen, ohne den Betrieb insgesamt herunterzufahren.
Ein Bereich, wo es auf hohe Zuverlässigkeit ankommt, ist die Erstellung und Auswertung von Bildern. Ein Kunde des 2016 gegründeten MicroTCA Technology Labs ist der Druckmaschinenhersteller Koenig & Bauer. Mit dessen Druckerzeugnissen kommen wir alle regelmäßig in Kontakt, das Unternehmen ist nämlich Weltmarktführer im Banknotendruck. Klar, dass der Druck von Banknoten einer besonders peniblen Qualitätskontrolle unterliegt, schon kleinste Abweichungen können sie wertlos machen. Deshalb überprüft eine Hochleistungskamera während des Druckprozesses permanent, ob alles optimal läuft, und meldet eventuelle Störungen sofort. Hier ist also die Geschwindigkeit, mit der Daten erfasst und verarbeitet werden, ein entscheidender Faktor, aber auch eine möglichst geringe Störanfälligkeit. Beides garantiert MicroTCA und liefert damit ein schönes Beispiel dafür, wie Forschung und Technologie aus dem Hause DESY nicht nur die reine Wissenschaft von Bedeutung, sondern für alle greifbar ist.
PiNa-Tec färbt Proteine mit Nano-Gold
Nicht alles, was bei DESY geschieht, hat immer und ausschließlich mit Physik zu tun. Auch die kann Biologie kann hier zum Zuge kommen, wenn sie sich im molekularen Bereich bewegt. PiNa-Tech ist ein Startup aus der Bio-Nanotechnologie, gegründet im Januar 2019 von der Wissenschaftlerin Katja Werner. Sie hat eine neue Methode zur Bestimmung von Proteinen entwickelt. Bei bisherigen Verfahren war eine Reihe von Schritten notwendig, die relativ viel Zeit in Anspruch nahmen. Jetzt lässt sich ein Test ohne großen Aufwand durchführen und das Ergebnis liegt nach spätestens zwei Stunden vor. Die Wartezeit lässt sich also beispielsweise bequem in die Mittagspause legen.
Gold hat bekanntlich im Normalzustand eine gelbliche Farbe. Nanopartikel aus Gold erscheinen allerdings tiefrot, was keine neue Erkenntnis ist; schon lange werden sie zur Färbung von Trinkgläsern verwendet. PiNa-Tec nutzt diese Eigenschaft nun zur Kenntlichmachung von Proteinen. Dafür werden, vereinfacht gesagt, Gold-Nanopartikel, Proteinmoleküle und passende Antikörper zusammengemischt. Verfärbt sich die Mischung dann rot, ist das Protein identifiziert. Wesentlich komplizierter ist das in der Realität tatsächlich nicht, und fundamental neu eigentlich auch nicht. Die Besonderheit liegt in der Art der Konjugation, also der Verbindung von Nanopartikeln und Molekülen. Sie garantiert erst die Schnelligkeit der Tests bei gleichzeitig höchstmöglicher Ergebnissicherheit.
X-Spectrum macht Bilder im Molekularbereich
Kameras werden qualitativ immer hochwertiger. Heutzutage liefern viele Smartphones Aufnahmen, die die Brillanz der meisten Spiegelreflexkameras erreichen oder sogar übertreffen. Das Startup X-Spectrum agiert mit seiner Kamera allerdings in einer ganz anderen Dimension, buchstäblich. LAMBDA heißt das Gerät, das sich auch als Röntgendetektor bezeichnen lässt. Es macht Aufnahmen im Molekularbereich und kann bis zu 2.000 Bilder pro Sekunde erstellen. Für den Massenmarkt ist das nicht gedacht, sein Einsatzbereich beschränkt sich momentan sich Synchronotrone, das sind Teilchenbeschleuniger. Davon gibt es weltweit etwa 50, einer davon ist bekanntlich DESY.
X-Spectrum ist ein gutes Beispiel für den langen Atem, den man für ein auf komplexer Wissenschaft basierendes Startup braucht. Vor der Gründung im Jahr 2014 standen rund zehn Jahre Forschungsarbeit. Auch danach war schnelles Wachstum nicht zu erwarten gewesen, schließlich ist der Markt, wie gesagt, klein und mit dem Schweizer Unternehmen Dectris gab es bereits einen etablierten Mitbewerber. Inzwischen besteht das Team, das mit fünf Gründern gestartet war, aus immerhin 12 Personen. Das Geschäft mit dem weitgehend ausgereiften Produkt läuft gut, sodass jetzt auch über weitergehende Geschäftsmodelle nachgedacht werden kann, etwa über eine Anwendung der Technologie bei Elektronenmikroskopen. Vielleicht wird es sogar einmal Filme aus dem Molekularbereich von X-Spectrum geben. Das wäre dann fast schon hollywoodreif.