2021 – Hamburger Startup-Höhepunkte eines ungewöhnlichen Jahres
2021 – war das ein gutes oder schlechtes Jahr für Hamburger Startups? Die Frage lässt sich sicherlich nicht eindeutig beantworten. Da es aber schon genug schlechte Nachrichten gibt, wollen wir uns bei unserem Jahresrückblick vor allem auf die Gewinnerinnen und Gewinner konzentrieren. Davon haben wir schließlich eine ganze Menge.
Willkommen im Hamburg Startups Club!
Die Hamburger Startup-Szene ist ständig Bewegung, und mittendrin immer Hamburg Startups. Mit unserem 2020 gegründeten Hamburg Startups Club sorgen bieten wir nach wie vor für mehr Sichtbarkeit und beste Möglichkeiten zum Netzwerken, so beim virtuellen Clubtreffen im Februar mit dem Finanzsenator Andreas Dressel als Stargast. Besonders freuen wir uns über die Unterstützung durch unsere Startup Verstärker, etablierte Unternehmen und Institutionen, die aufstrebenden Jungunternehmen kostenlose Mitgliedschaften ermöglichen. Und über unser 2021 zweimal verschicktes Investorenmailing erreichen Startups auf der Suche nach Wachstumskapital über 70 Investorinnen und Investoren.
Häufig bekommen wir die Frage gestellt, wo eigentlich unser Büro sei. Bis Anfang Juni 2021 konnten wir als Adresse die Hamburger Straße angeben, dann sorgte eine Meldung für Schlagzeilen, die uns über Nacht „heimatlos“ gemacht hat. Ein Mann hatte sich in suizidaler Absicht in die Luft gesprengt, genau in dem Gebäude, wo wir Unterschlupf gefunden hatten. Das war wegen Einsturzgefahr dann nicht mehr betretbar. Zum Glück gibt es das Homeoffice und ab Februar 2022 haben wir dann auch wieder eine richtige Büroadresse!
Die wichtigsten Finanzierungsrunden 2021
2021 war ein Rekordjahr für deutsche Startups. Nie zuvor konnten sie so viel Geld in Finanzierungsrunden einsammeln wie in den ansonsten eher als Krisenzeit empfundenen vergangenen zwölf Monaten. Die Zahl der einheimischen Einhörner, also Unternehmen mit einer Bewertung von mindestens einer Milliarde Euro, ist erheblich gestiegen. Über 20 sollen es mittlerweile sein. Kein Wunder bei einer Investmentsummer, die insgesamt weit über 12 Milliarden Euro liegen wird. Allein eine Milliarde US-Dollar gingen an den Münchner Software-Anbieter Celonis. Trade Republic und N26, beides Fintechs aus Berlin, liegen mit jeweils rund 900 Millionen US-Dollar nur knapp dahinter.
Von diesen Größenordnungen können Hamburger Startups leider nur träumen. Hier bedeuteten schon die kürzlich von Taxdoo verkündeten 57 Millionen Euro eine Jahresbestleistung. Überhaupt sorgen mal wieder Startups aus dem Bereich Fintech und verwandten Branchen für die die höchsten Summen, so bei Exporo (16 Millionen Euro), Tomorrow (14 Millionen Euro) oder HAUSGOLD (10 Millionen Euro). In ähnlichen Sphären sind noch GeneQuine Biotherapeutics (über neun Millionen Euro) und Localyze (12 Millionen US-Dollar) unterwegs.
Der lang erwartete Börsengang von ABOUT YOU
Ansonsten gibt es viele Finanzierungsrunden im mittleren siebenstelligen Bereich, beispielsweise für Adtriba, airfocus, Heyflow, Kubermatic und noch einige andere. Für jedes einzelne der Startups ist das ein großer Erfolg, den an sich selbst gestellten Ansprüchen Hamburgs kann das jedoch nicht genügen. Berlin als Nummer eins in Deutschland ist sowieso nicht erreichbar, doch auch München sammelt allein mit dem Celonis-Deal mehr Geld ein als alle Hamburger Startups zusammen.
Trotzdem gibt es natürlich auch in der Hansestadt viele große und kleine Vorbilder und Erfolgsgeschichten. Dazu gehört sicherlich das Mode-Startup ABOUT YOU, das im Juni an die Börse ging. Wie es sich dort entwickelt bleibt abzuwarten, Mitte Dezember lag der Aktienkurs unter dem Eröffnungswert. Auf internationalem Erfolgskurs ist auf jeden Fall das Softwareunternehmen COYO, und auch Fashion Cloud legt nach der Übernahme eines Mitbewerbers aus den Niederlanden noch einmal europaweit eine Schippe drauf.
Hamburgs Startup des Jahres 2021: traceless
Hamburger Aufsteiger des Jahres ist aber das von Dr. Anne Lamp und Johanna Baare geführte Startup traceless mit seinem kompostierbaren Plastikersatz. Das ganze Jahr über sorgte es für Schlagzeilen mit einem Millioneninvestment, einer Exklusivpartnerschaft mit OTTO, weiteren Millionen vom Europäischen Innovationsrat und dem Gewinn des Darboven IDEE-Förderpreises. Nicht schlecht für ein Startup, das erst 2020 gegründet wurde. Einen bemerkenswerten Weg haben auch die beiden Teenager Davis Zöllner und Berkay Cankiran hinter sich. Sie schnappten sich bei „Die Höhle der Löwen“ einen Deal mit Carsten Maschmeyer für MyTaag und haben mit colorised bereits ein weiteres Startup auf den Weg gebracht.
Kommen wir zu weiteren Gewinnern und Preisträgern aus Hamburg. Ausnahmsweise nur den zweiten Platz belegte traceless beim Future Hamburg Award. Hier sicherte sich Breeze die Spitzenposition. Plancraft gewann den Gunnar-Uldall-Wirtschaftspreis 2021 und den Hamburger Gründerpreis konnten Beagle Systems, Ankerkraut und Karl-Heinz Hebrok entgegennehmen.
STARTERiN Hamburg 2021 – unser Beitrag für mehr Frauen in Startups
Auch Hamburg Startups hat in diesem Jahr Preise vergeben, und zwar an die besten Entrepreneurinnen der Stadt. Frauen sind in Führungspositionen und als Gründerinnen bei Startups immer noch deutlich unterrepräsentiert, doch es gibt inzwischen viele weibliche Vorbilder. Mehr, als auch uns bewusst war; über 150 Kandidatinnen hatten wir auf unserer ursprünglichen, sicher noch nicht vollständigen Liste für die STARTERiN Hamburg 2021. Gewonnen haben schließlich Yesica Rios von JOBMATCH.ME (Kategorie Tech), Madeleine von Hohenthal von Bracenet (Commerce) und Britta Wiebe von Vulvani (Impact).
Britta gehört auch zu den ersten Hamburger Gründerinnen, die das Förderprogramm Stealth Mode der Factory Berlin durchlaufen haben. Die hat 2021 auch eine Außenstelle in Hamburg eröffnet: Hammerbrooklyn. Der Einstieg der Berliner bei dem Hub im Stadtteil Hammerbrook brachte endlich Ruhe in die wechselvolle und nicht immer ruhmreiche Geschichte des Prestigeprojekts. Zu dem soll auch die Science City Bahrenfeld werden, ein ganzer Stadtteil im Zeichen von Wissenschaft und Innovation. Ein erster Schritt war die Eröffnung der Start-up Labs.
Während Hamburg sich schwertut bei den ganz großen Finanzierungsrunden, gibt es zumindest eine Reihe von Förderprogrammen für Startups am Anfang ihrer Entwicklung. Die etablierten Acceleratoren NMA und NCA seien hier genannt, oder auch Initiativen der Stadt Hamburg wie MEDIA LIFT, Music WorX oder Games Lift. 2022 wird ein Accelerator für Fintechs dazu kommen, dessen Vergabe durch die Finanzbehörde an das NMA-Team schon für einige Aufregung sorgte. Auch der AI.STARTUP.HUB Hamburg für künstliche Intelligenz soll im kommenden Jahr mit staatlicher Hilfe entstehen.
Fotos: ABOUT YOU, traceless, Romanus Fuhrmann, Julia Schwendner