Leibdoctor bietet medizinische Onlineberatung
Patienten fühlen sich in unserem Gesundheitssystem oft unverstanden und alleingelassen. Das E-Health-Startup Leibdoctor will mit seiner Onlineberatung Betroffene unterstützen. Welche persönliche Erfahrung zur Gründung führte und wie Leibdoctor helfen kann, erzählen uns die Gründerinnen im Interview.
Hallo liebes Leibdoctor-Team, vielen Dank, dass Ihr Euch die Zeit für ein Interview mit uns nehmt! Bitte stellt Euch zu Beginn bitte kurz vor!
Vielen Dank, das machen wir sehr gern! Wir sind Bianca (37 Jahre alt, promovierte Ärztin aus Hamburg) und Anke (ebenfalls 37 Jahre alt, bisher Chefarztsekretärin) und wir bilden das Team von Leibdoctor, der medizinischen Online-Beratungsagentur mit Herz. Wir besitzen beide mehrjährige Berufserfahrung im klassischen Medizinsektor – sowohl in der Klinik, als auch in der Praxisniederlassung – und hatten die Möglichkeit, unsere Erfahrungen in diversen Fachrichtungen und zudem in Forschungslaboren im In- und Ausland zu sammeln.
Diese Erfahrungen nutzen wir nun, um die Patientenberatung online zu verbessern. Wir wissen was im Gesundheitssystem falsch läuft und wollen es besser machen. Zur Motivation gehört des Weiteren noch unsere Mami nach überstandener Krebserkrankung mit zum Team. Als Maskottchen und Ideengeberin sozusagen.
Wie ist die Idee zu Leibdoctor entstanden?
Durch unsere langjährige Erfahrung im Gesundheitssektor waren uns die Missstände der Patientenbetreuung bereits bekannt und größtenteils auch zuwider. Leider kann man als als abhängig Beschäftigter diesen Zuständen aber nur bedingt entgegenwirken.
Die finale Idee zu Leibdoctor kam uns dann im letzten Jahr während der schweren Krankheit unserer Mami. Wir wurden monatelang mit den Schwachstellen des Gesundheitssystems am eigenen Leib konfrontiert und erlebten, wie hilf- und machtlos man sich als Patient mitunter fühlt.
Wir sahen, wie Fehler begangen wurden, die einem Nichtmediziner niemals auffallen würden.
Wir sahen, wie man als Patient oder Angehöriger kaum Möglichkeiten bekommt, seine Fragen zu stellen, geschweige denn eine zufriedenstellende Antwort zu erhalten.
Wir sahen, wie Fehldiagnosen gestellt wurden, weil zu viele Ärzte nicht über den Tellerrand ihres Fachgebietes hinausblicken und Scheuklappen tragen.
Wir sahen mehrfach, wie sich niemand ernsthaft dafür interessiert, wie es mit Patienten weiter geht.
Wir sahen, wie niedergelassene Ärzte zum Teil haarsträubende Fehler begehen und damit das Leben ihrer Patienten aufs Spiel setzen, weil sie auf dem Wissensstand von vor zwanzig Jahren stehen geblieben sind.
Wir sahen, wie völlig realitätsfremde Entscheidungen von Sachbearbeitern am Schreibtisch über Krankengeldbezug, Pflegegrad, Grad der Schwerbehinderung oder Erstattung von Arztrechnungen etc. bestimmen.
Wir sahen, dass man selbst von Hausärzten nach vielen Jahren der Behandlung im Stich gelassen wird, weil die weitere Betreuung zu komplex ist, die benötigten Medikamente zu teuer für das Praxisbudget sind und der gesamte Krankheitsfall einfach zu viel Zeit frisst.
Und wir stellten uns immer wieder die Frage, wie Patienten beziehungsweise deren Angehörige diese Situationen bewältigen, wenn sie keinen medizinischen Hintergrund haben. So war die Idee geboren, Patienten und Ratsuchenden online eine umfassende medizinische Beratung und Unterstützung zu bieten, damit sich kein Patient mehr von seinem Arzt im Stich gelassen fühlen muss.
Wie genau funktioniert die Betreuung durch Leibdoctor?
Die Konsumenten wählen bedarfsgerecht eine der vier Betreuungskategorien durch Leibdoctor aus. Diese reichen von ausführlichen Beratungen bei medizinischen Fragen aller Art, so zum Beispiel Arztbriefe übersetzen, Laborwerte erklären, Fragen zu bestimmten Krankheiten, über die ärztliche Gutachtenerstellung durch uns bei Behandlungsfehlern oder bei Streitigkeiten mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung oder Versorgungsämtern, bis hin zu einer mehrmonatigen Flatrate-Betreuung im Falle eines Krankenhausaufenthaltes.
Wir sichten sämtliche Befunde, die uns übermittelt werden und klären dann per E-Mail-Austausch alle medizinischen Anliegen, die den Konsumenten am Herzen liegen. Ausführlich, verständlich und ganz persönlich. Dort, wo man als Patient normalerweise auf sich allein gestellt ist, kommt die beratende Online-Betreuung durch Leibdoctor ins Spiel. Wir nehmen Patienten an die Hand und begleiten sie durch den Medizin-Dschungel.
In welchen Fällen kann Leibdoctor den Besuch eines Arztes ersetzen – und in welchen Fällen sollte das auf keinen Fall geschehen?
Da wir bei Leibdoctor weder Diagnosen stellen noch therapieren, ersetzt unsere Betreuung prinzipiell keinen Arztbesuch. Allerdings ist es durch unsere Betreuung möglich, sich unnötige Arztbesuche oder gar Arzt-Hopping zu ersparen, da wir vorab mit den Konsumenten alles umfassend klären, damit sie genau wissen, welche Fachrichtung mit welcher Spezialisierung für sie am besten geeignet ist und worauf beim Arztbesuch zu achten ist. Insofern ist Leibdoctor als Ergänzung zur normalen Konsultation eines Arztes zu sehen. Unsere betreuende Arbeit beginnt dort, wo die des behandelnden Arztes endet.
Welche rechtlichen Grenzen sind Leibdoctor gesetzt?
Obwohl wir nicht direkt ärztlich tätig sind, unterliegen wir natürlich der Berufsordnung der zuständigen Ärztekammer und halten uns penibel an das E-Health-Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen. Der Schutz der an uns übermittelten Gesundheitsdaten ist für uns vorrangig: die Daten unserer Konsumenten werden nicht kommerziell genutzt oder an Dritte verkauft, dazu werden sie nur auf deutschen Servern gespeichert. Die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung wird heute bereits von uns umgesetzt.
Ganz klar muss man auch sagen, dass wir nicht unter den Bereich der Telemedizin fallen.
Wie sieht Euer Geschäftsmodell aus?
Leibdoctor ist ein konsumentenorientierter E-Health-Dienst, der sich an ein zielgruppendefiniertes B2C-Umfeld richtet und die Informationsbedürfnisse von Konsumenten über Gesundheitsbelange nutzt, um medizinische Informationen nutzerangepasst online zugänglich zu machen. Die Informationsbedürfnisse basieren auf bestehenden medizinischen Problemen der Konsumenten und deren inadäquater Beseitigung durch die konventionelle medizinische Offline-Versorgung.
Die Zielsetzung von Leibdoctor als konsumentenorientiertem Online-Beratungsdienst ist es, Gesundheitsinformationen medizinischen Laien auf einem angemessenen Sprachlevel zugänglich zu machen, um sie zu informierten Patienten in Bezug auf ihre Krankengeschichte zu machen. Dies findet individualisiert, patientenzentriert und auf persönlichem Level statt.
Unser Geschäftsmodell setzt dort an, wo die konventionelle medizinische Versorgung die Konsumenten respektive Patienten entlässt und erfüllt den Wunsch nach einer persönlichen beratenden Betreuung durch einen Arzt, wie man es nur früher kannte, als Ärzte noch Zeit für ihre Patienten hatten und an deren Leben teilnahmen.
USP von Leibdoctor – in Abgrenzung zu den bekannten Gesundheitsinformationsangeboten im Internet – ist der persönliche Kontakt zwischen Patient und Leibdoctor zur Klärung aller medizinischen Fragen sowie die Unterstützung, die Konsumenten bei Problemen mit Kosten- und Leistungsträgern, mit Behörden oder bei Verdacht auf Behandlungsfehler durch das Leibdoctor-Team erhalten. Wir sind der Arzt an und auf Patientenseite.
Wie ist Euer Startup finanziert?
Bootstrapping ist hier das Stichwort, da wir Wert auf unsere Unabhängigkeit legen. Wir haben eigenständig finanziert gegründet, Fremdkapital gibt es bei uns nicht. Unser Ziel ist es, schlank zu starten und flexibel und effizient zu wachsen.
Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate?
Um noch ausführlicher auf Konsumentenwünsche eingehen zu können (besonders gefragt sind hier vor allem Forschungsschwerpunkte zu bestimmten Krankheiten), planen wir, unser Team zeitnah mit Herz und Kompetenz zu erweitern. Die bisherige Resonanz auf Leibdoctor ist durchgehend positiv und entsprechend peilen wir ein effizientes und organisches Wachstum an.
Vielen Dank für das Interview!
Fotos: Leibdoctor